Lieferketten Kunden erwarten moralisch-saubere Produkte

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Keine gesetzliche Pflicht bisher

Die Bundesregierung hatte nachhaltige und saubere Lieferketten zu einem ihrer Kernanliegen der abgelaufenen Legislaturperiode erklärt. Sowohl in der Abschlusserklärung des G7-Gipfels in Elmau 2015 als auch des G20-Gipfels in Hamburg 2017 tauchten auf Betreiben von Kanzlerin Angela Merkel Passagen hierzu auf. Dennoch gibt es bis heute in Deutschland keine gesetzliche Pflicht für Unternehmen, Menschenrechts- und Umweltstandards entlang ihrer Lieferkette einzuhalten und zu kontrollieren.  Es existiert lediglich ein sogenannter Nationaler Aktionsplan, der die größten deutschen Firmen für das Thema sensibilisieren will. In anderen europäischen Ländern und den USA indes existieren indes Verpflichtungen mit Sanktionsmechanismen für Firmen.

Nun arbeitet Lönings Firma drei zentrale Bedingungen für deutsche Unternehmen heraus, damit diese auch in dem sich verändernden Umfeld erfolgreich bleiben. „International tätige deutsche Unternehmen müssen ihre gesamte Lieferkette kennen und menschenrechtliche Sorgfaltsprozesse implementieren“, schreiben die Autoren. Nur so könnten sie den steigenden gesetzlichen Anforderungen gerecht werden und Reputations- und Haftungsrisiken vorbeugen. Mehrere Studien zeigten zudem, dass „das Vertrauen von Verbraucher in Produkte und Unternehmen mit transparenter Unternehmensverantwortung für Menschen und Umwelt direkt zusammenhängt.“ Zentral aber ist der letzte Punkt: „Die ausreichende Rohstoff-Versorgung der deutschen Industrie wird davon abhängen, dass die Menschen am Anfang der Lieferketten an der Wertschöpfung teilhaben.“ (Hier geht es zur Studie)

Tatsächlich ist der letzte Punkt kritisch, gerade für die Autobauer. Deshalb steuert die Branche nun gegen. BMW etwa fürchtet Imageschäden durch Rohstoffe, bei deren Herstellung es zu Ausbeutung, Kinderarbeit oder Umweltzerstörung kommt. „Verstöße gegen Menschenrechte oder Umweltschutz passen nicht zu unseren Grundsätzen, nicht zum Premiumanspruch unserer Produkte und könnten zur Folge haben, dass Kunden unsere Autos verschmähen“, sagt BMW-Nachhaltigkeitsmanager Ferdinand Geckeler. BMW wolle deshalb die Lieferkette von der Rohstofferzeugung über die Zulieferer bis zum Autowerk transparenter machen. „Man kann Transparenz bis zur Mine herstellen“, so Geckeler. „Zwar nicht in jedem Fall, aber häufig.“

Für einzelne Rohstoffe baut BMW seither eigene Lieferstrukturen auf, weil nur das volle Transparenz bringe, so Geckeler: „Bei den ausgewählten Rohstoffen strebt BMW Zertifizierungen an, die eine saubere Herkunft garantieren“. In den vergangenen Jahren habe BMW eine solche saubere Lieferkette für Stahl aufgebaut und sei dafür bis an den Anfang der Lieferkette gegangen: „Wir haben auch direkt mit Minenbetreibern verhandelt.“ Bei Kupfer wolle BMW ebenfalls eine eigene Zertifizierung der Lieferkette aufbauen.

Damit widersprechen die Münchner dem Konkurrenten Daimler. Gegenüber der WirtschaftsWoche erklärten die Stuttgarter, ein „präziser Herkunftsnachweis“ sei bei komplexen Lieferketten für Unternehmen „selbst mit einem hohen Aufwand kaum zu leisten.“

Die Dringlichkeit des Themas scheint noch nicht überall in der Branche angekommen zu sein. Markus Löning jedenfalls dürfte darüber nur den Kopf schütteln.

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