Martin Schulz auf dem SPD-Parteitag Kandidat im Kampfmodus

Nach dem Umfragehoch kam der Absturz für SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz. Ein kämpferischer Auftritt auf dem Parteitag sollte nun das Ruder herumreißen. Die Angriffe des Kandidaten zielen dabei nur in eine Richtung.

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Der SPD-Kanzlerkandidat gab sich in Dortmund kämpferisch. Quelle: dpa

Dortmund Mit verschärften Attacken gegen die Union und Angela Merkel hat SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz seine Partei auf eine gemeinsame Aufholjagd bis zur Bundestagswahl eingeschworen. Auf dem SPD-Programmparteitag in Dortmund warf er CDU und CSU am Sonntag vor, sich vor Inhalten zu drücken.

Damit nehme die Union von Kanzlerin Merkel bewusst in Kauf, dass weniger Bürger zur Wahl gingen. „Ich nenne das einen Anschlag auf die Demokratie“, sagte Schulz. Zudem warf er dem derzeitigen Koalitionspartner „Arroganz der Macht“ vor.

Der SPD-Chef stimmte mit seiner rund 80-minütigen Rede die rund 600 Delegierten auf die Verabschiedung des Regierungsprogramms für die Bundestagswahl am 24. September ein. Deutschland stehe vor einer Richtungsentscheidung. „Stellen wir die Weichen auf Zukunft oder fahren wir weiter auf Sicht? Wir sagen, es ist Zeit für mehr Gerechtigkeit.“

Es sei an der Zeit, Arbeitnehmer und Familien zu entlasten. Deshalb wolle die SPD die Gebührenfreiheit von der Kita bis zur Hochschule und ein Steuersystem, das kleine und mittlere Einkommen entlaste.

Klares Bekenntnis zur Ehe für alle

Zur Gerechtigkeit gehöre auch die rechtliche Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare. „Ich werde keinen Koalitionsvertrag unterschreiben, in dem die Ehe für alle nicht verankert ist“, versprach Schulz. Dies hatten schon die Grünen zu einer Koalitionsbedingung gemacht, auch die FDP will sich dem nach Angaben von Parteichef Christian Lindner anschließen.

Eine zentrale Gerechtigkeitsfrage sei die Rente. Von der Union höre er, die Rentendebatte habe nichts im Wahlkampf zu suchen. „Das lassen wir Euch nicht durchgehen“, rief Schulz. Die SPD habe ein durchgerechnetes Konzept zur Stabilisierung des Rentenniveaus und zur Begrenzung des Beitragssatzes vorgelegt.

Neben der Union attackierte Schulz nur die rechtskonservative AfD, die er als „NPD light“ bezeichnete. Die potenziellen Koalitionspartner Linke, Grüne und FDP verschonte der SPD-Kanzlerkandidat dagegen.


Kritik am „irrlichternden“ US-Präsidenten

Schulz beanspruchte für seine Partei, dass soziale Sicherheit wie auch die Sicherheit vor Kriminalität ein „ursozialdemokratisches Thema“ sei. Sicherheit sei ein Grundversprechen des Rechtsstaates und kein Luxusgut. Die Bundeswehr müsse mehr Geld erhalten: „Aber wir müssen die Bundeswehr nicht zur größten Armee des Kontinents aufrüsten.“

Von der Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel forderte Schulz klare Worte gegen den US-Präsidenten Donald Trump. Merkel habe in einem Bierzelt gesagt, die Zeit sei ein Stück vorbei, in der sich Deutschland auf andere habe verlassen können. „Wie unkonkret darf es denn bitteschön sein?“ rief Schulz.

Ob sich Deutschland noch auf die USA verlassen könne, wisse man nicht. „Aber dass wir uns auf einen irrlichternden Präsidenten Donald Trump nicht mehr verlassen können, das wissen wir sehr wohl.“

Von den Delegierten und Anhängern wurde Schulz mit neun Minuten dauernden Applaus und „Martin, Martin“-Sprechchören gefeiert. Die SPD war nach einem Umfragehoch nach der Kür von Schulz als Kanzlerkandidat wieder abgesackt und hatte die drei Landtagswahlen im Saarland und in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen verloren. Zuletzt lag die SPD im ZDF-Politbarometer nur noch bei 25 Prozent – 14 Prozent hinter der Union.

Kämpferischer Altkanzler

Altkanzler Gerhard Schröder machte seiner Partei dennoch Mut. „Nichts ist entschieden“, versicherte er bei seinem Auftritt auf dem Parteitag. „Es ist noch viel Zeit, um die Stimmung zu drehen.“ Nötig seien Disziplin, Geschlossenheit, aber auch Selbstbewusstsein.

Schröder erinnerte an den Bundestagswahlkampf 2005 – mit ihm als Spitzenkandidat. Die Umfragen seien damals auch schlecht gewesen, viele hätten die SPD bereits abgeschrieben. „Aber wir haben gekämpft und wir haben aufgeholt“, sagte er.

Am Ende habe die CDU gerade mal 35,2 Prozent erreicht, die SPD 34,2 Prozent. Auch wenn es nicht gereicht habe, sei die Aufholjagd enorm gewesen. „Was damals ging, das geht heute auch“, rief Schröder den Delegierten in Dortmund zu. „Auf in den Kampf!“

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