Martin Schulz "Die SPD will dieses Land führen"

SPD-Kandidat Martin Schulz bläst zum Kampf ums Kanzleramt. Sein Rezept: Auf die Alltagssorgen hören und die Demokratie gegen Rechtspopulismus verteidigten. Die Gegner halten sich noch bedeckt.

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Martin Schulz Quelle: AP

Der künftige SPD-Chef und Kanzlerkandidat Martin Schulz setzt auf Sieg und den Einzug ins Kanzleramt. „Die SPD will dieses Land führen“, sagte Schulz am Mittwoch nach einer Sondersitzung der SPD-Fraktion in Berlin. Eine Wunschkoalition nannte er nicht.

„Wir wollen, in welcher Konstellation auch immer, den Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland stellen, und da werden (...) wir unser Programm vorstellen, und dann müssen sich unsere künftigen Koalitionspartner orientieren an unseren Inhalten“, betonte Schulz. Denkbar wäre nach heutigem Stand eine rot-rot-grüne oder eine rot-gelb-grüne Koalition unter SPD-Führung.

Bis zur Wahl werde seine Partei den Koalitionsvertrag mit der Union erfüllen. „Wir werden bis zum Ende dieser Wahlperiode in dieser Bundesregierung das tun, was wir schon getan haben: Sie prägen“, sagte Schulz. Im Wahlkampf werde die SPD aber für sich kämpfen.

SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte am Vortag seinen Verzicht auf die Kanzlerkandidatur angekündigt und den bisherigen EU-Parlamentspräsidenten Schulz als Herausforderer von Kanzlerin Angela Merkel vorgeschlagen. Schulz soll auch Parteichef werden. Gabriel wird Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier nachfolgen, der am 12. Februar als Kandidat bei der Bundespräsidentenwahl antritt. Die bisherige Wirtschaftsstaatssekretärin Brigitte Zypries (SPD) soll Wirtschaftsministerin werden.

Schulz umriss, worauf er im Wahlkampf setzen wolle. Dabei hob der 61-Jährige - der nie ein Regierungsamt hatte - seine Erfahrungen als Bürgermeister seiner Heimatstadt Würselen und als Fraktionschef im Europa-Parlament hervor. Als Bürgermeister habe er viel von den Alltagssorgen der Menschen erfahren, von den Bemühungen „der hart arbeitenden Menschen in diesem Lande, die sich an die Regeln der Demokratie halten und sich wünschen, dass die Demokratie Regeln schafft, die sie schützen“.

Einsetzen will sich Schulz für den Zusammenhalt der Gesellschaft und die Verteidigung der Demokratie gegen Rechtspopulismus. „Die Fliehkräfte der Krise setzen die Kräfte der Demokratiefeinde frei“, sagte Schulz in einer Anspielung auf umstrittenen Aussagen des Thüringer AfD-Vorsitzenden Björn Höcke zum Geschichtsverständnis.

Auf die Frage, welche Rolle Gabriel als Außenminister spielen solle, antwortete Schulz, Gabriel solle dafür stehen, dass Deutschland Europa zusammenhalte. Fraktionschef Thomas Oppermann machte deutlich, dass der Vizekanzler sich nun Schulz unterordnen sollte: „Er wird im Wahlkampf eine dienende Rolle spielen“, so Oppermann.

"Gabriel hinterlässt einen Trümmerhaufen"
CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer Quelle: dpa
FDP-Chef Christian Lindner Quelle: dpa
Der Vorsitzende des Europa-Ausschusses, Gunther Krichbaum (CDU) Quelle: dpa
Der schleswig-holsteinische SPD-Landeschef Ralf Stegner Quelle: dpa
Dietmar Bartsch, Fraktionsvorsitzender der Partei Die Linke Quelle: dpa
SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach Quelle: dpa
Grünen-Fraktionschefin und Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt Quelle: dpa

In der Fraktionssitzung rief Schulz nach Teilnehmerangaben die Partei auf, trotz schlechter Umfragen selbstbewusst in den Wahlkampf zu ziehen: „Wenn wir Sozis den Menschen zeigen, dass wir an sie denken, dann gewinnen wir die Wahl.“ Es gebe viele Menschen, die sich erst kurz vor der Wahl entscheiden würden, was sie wählen. Daher lohne sich ein Wahlkampf bis zur letzten Sekunde.

Schulz war mit demonstrativem Jubel und minutenlangem Beifall von den Abgeordneten empfangen worden. Oppermann kritisierte Gabriel für die Kommunikation seines Rückzugs. Die meisten SPD-Abgeordneten hatten das am Dienstag über den vorab bekannt gewordenen „Stern“-Titel „Der Rücktritt“ erfahren. „Aber das war gestern. Ab heute heißt es: Nicht mehr lamentieren, sondern kämpfen.“

Die Amtsübergaben in den betroffenen Ministerien stehen am Freitag bevor, wie das „Handelsblatt“ berichtete. Ein Regierungssprecher wollte den Termin zunächst nicht bestätigen. Steinmeier war in seiner letzten Kabinettssitzung von Kanzlerin Merkel mit Blumen und einem signierten Foto der Kabinettsrunde verabschiedet worden.

In der SPD wurde der überraschende Wachwechsel erwartungsgemäß positiv aufgenommen. Die Union hielt sich zurück. Grüne, Linke und die FDP reagierten verhalten, die AfD negativ. Die AfD-Vorsitzende Frauke Petry bezeichnete Schulz auf Twitter als „Symbol für EU-Bürokratie und ein tief gespaltenes Europa“.

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