Martin Schulz und Alexis Tsipras „Ich werde Tacheles mit ihm reden“

EU-Parlamentspräsident Schulz macht sich auf den Weg nach Athen, um sich mit dem neuen griechischen Ministerpräsidenten Tsipras zu treffen. Auf der Tagesordnung: Tsipras Abrücken vom Sparkurs.

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EU-Parlamentspräsident Martin Schulz macht sich auf den weg nach Griechenland. Quelle: dpa

Athen/Berlin Bei einem Treffen mit dem griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras will sich EU-Parlamentspräsident Martin Schulz Klarheit über die finanzpolitischen Pläne der neuen Regierung in Athen verschaffen. „Ich werde sicherlich Tacheles mit ihm reden“, sagte Schulz der Zeitung „Bild“ vor dem am Donnerstag in Athen geplanten Treffen.

Der linksgerichtete Tsipras will trotz Warnungen der internationalen Geldgeber nicht am strikten Sparkurs des Landes festhalten. Zudem will er eine Neuregelung zum Abbau des 320 Milliarden Euro großen Schuldenberges Griechenlands aushandeln und Tausende entlassene Staatsdiener wieder einstellen. Tsipras ist seit Montag im Amt, seine Regierungskoalition mit einer rechtspopulistischen Partei steht seit Dienstag.

Beim Thema Privatisierungstopp ruderte das Athener Links-Rechts-Bündnis zurück. Griechenland wünsche sich Investitionen und werde bald eine Liste mit entsprechenden Optionen präsentieren, sagte Vize-Regierungschef Giannis Dragasakis nach einem Treffen mit Tsipras am Mittwochabend. Dragasakis ist in der Koalition zuständig für die Finanz- und Wirtschaftspolitik.

Pläne zum Privatisierungsstopp hatten den griechischen Aktienmarkt am Mittwoch stark belastet. Die Kurseinbrüche lösten Aussagen mehrerer Minister aus, wonach es keine neue Privatisierungen mehr geben solle. Zahlreiche bereits vereinbarte sollten demnach auf Eis gelegt werden.

Auf Reporterfragen, wie es zu den Aussagen der Minister kam, sagte Dragasakis, diese seien junge Ressortchefs. Dafür müsse man Verständnis haben. Die zuständigen Minister stünden allen Interessenten zur Verfügung, um sie über Investitionsmöglichkeiten in Griechenland zu informieren, sagte Dragasakis weiter.

Neben den Aktienkursen zeigte am Mittwoch auch der Handel mit griechischen Staatsanleihen eine heftige Reaktion auf den Machtwechsel in Athen. Viele Anleger stießen diese ab. Zudem drohte die Ratingagentur S&P mit einer Herabstufung der Bonität des Landes in den „Ramschbereich“. Die vorgeschlagene Wirtschafts- und Budgetpolitik der neuen Regierung sei teilweise nicht mit den Abmachungen zwischen früheren griechischen Regierungen und den Gläubigern des Landes vereinbar, hieß es zur Begründung.

Der „Bild“-Zeitung sagte Schulz weiter, für einen Schuldenschnitt gebe es in der Euro-Zone keine Mehrheit. „Ich werde Tsipras aber ermuntern, endlich die Milliardäre, die ihr Geld ins Ausland gebracht haben, zur Steuer zu bitten. Das ist kurzfristig machbar, hilft uns in Brüssel bei der Steuerfluchtbekämpfung. Und ist sicher leichter durchzusetzen als ein Schuldenschnitt.“

Schulz warnte Tsipras auch vor Alleingängen. Die Ablehnung der EU-Sanktionen gegen Russland durch den neuen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras sei „sicherlich kein gelungener Einstand“ gewesen, sagte Schulz „Diese Alleingänge gehen nicht einfach so ohne Absprache“, sagte er. Das werde er auch mit Tsipras bei seinem Besuch an diesem Donnerstag in Athen besprechen. Im ZDF sagte Schulz am Mittwochabend, er habe mit Entsetzen gesehen, dass Griechenland die gemeinsame Position der Europäischen Union gegenüber Russland aufgegeben habe.

Die EU-Außenminister wollen bei ihrem Krisentreffen an diesem Donnerstag die Sanktionen gegenüber Russland als Reaktion auf die Offensive der prorussischen Separatisten in der Ostukraine ausweiten. Die EU macht Russland für die Eskalation mitverantwortlich. Allerdings hat Tsipras bereits seinen Unmut kundgetan, weil er sich bei der geplanten Verschärfung der Strafmaßnahmen übergangen fühlt. Ein Beschluss muss aber einstimmig fallen.

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