Martin Schulz verlässt Brüssel Ein Europäer für Berlin

Martin Schulz ist Europäer durch und durch. Nun wechselt er von Brüssel nach Berlin. Das dürfte viele Sozialdemokraten freuen – die Entscheidung wirft aber auch eine Reihe von Fragen auf. Ein Kommentar.

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ARCHIV - SPD-Spitzenkandidat Martin Schulz zeigt am 25.05.2014 bei der Wahlparty der Sozialdemokraten zur Europawahl im Willy-Brandt-Haus in Berlin mit dem Daumen nach oben. Foto: Michael Kappeler/dpa (zu dpa

Berlin Dass Martin Schulz ein leidenschaftlicher Europäer ist, wird niemand ernsthaft bezweifeln. Es dürfte ihm entsprechend schwer gefallen sein, seinen Verzicht auf das Amt des Präsidenten des Europaparlaments zu erklären. Der Verzicht kommt nicht aus freien Stücken: Er folgt vielmehr der Erkenntnis, dass die Fraktion der Europäischen Volkspartei im Europarlament nicht dazu bereit war, einer Verlängerung der Amtszeit des SPD-Mannes zuzustimmen.

Halb zog sie ihn, halb sank er hin – es dürfte Schulz gegangen sein wie dem Fischer aus Goethes Ballade. Einerseits ist Schulz Europäer durch und durch, andererseits sehen ihn viele Sozialdemokraten auch gerne in Berlin. Schulz genießt in der SPD großen Rückhalt, begeistert die Genossen auf Parteitagen weitaus mehr als SPD-Chef Sigmar Gabriel.

In der Außenwahrnehmung wird das allerdings völlig anders aussehen: Schulz hat in Brüssel keine Zukunft mehr, also sucht er einen Job in Berlin. Rettet sich da ein Politiker von einem Posten auf den nächsten? Die AfD hat die Entscheidung des noch bis Januar 2017 amtierenden Parlamentspräsidenten bereits so interpretiert. Schulz wird alle Hände voll zu tun haben, diesem Eindruck entgegen zu wirken.

Bei den Posten, für die Schulz nun in Betracht kommt, geht es allerdings keinesfalls um zweitklassige Versorgungsposten, sondern um die Kanzlerkandidatur oder den Chefsessel im Auswärtigen Amt.

Noch scheinen die Genossen entschlossen zu sein, bis zu ihrer Jahresauftaktklausur Ende Januar zu warten, ehe sie die personellen Weichen für die Bundestagswahl im September 2017 stellen. Sie machen sich damit selbst das Leben schwer.

In den kommenden Wochen dürfte intensiv über Personalfragen spekuliert werden, Sachfragen treten in den Hintergrund. Die Konkurrenz von der Union ist da schon weiter. Sie wird mit ihrer Spitzenkandidatin Angela Merkel auf Angriffsmodus umschalten.

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