Die Berichte über die negative Stimmung seien eher ein Indikator dafür, dass das Wachstum bald gedämpft werden könnte. „Im Moment sieht es aber nicht nach einem nochmaligen Absenken aus“, sagt er. Die Einkommenssituation und die Einkommenserwartungen seien stabil.
So erwarten 79 Prozent der Verbraucher in Deutschland in den kommenden Monaten steigende Einkommen und einen höheren Lebensstandard. „Wäre die Lage negativer, würde sich das wahrscheinlich auch auf den Konsum auswirken.“
Auch bei der Geldpolitik sei der Stimmungs-Effekt zu bemerken. Trotzdem finde sie zu wenig Beachtung, sagt Ansgar Belke, Jean Monnet-Professor für Makroökonomik an der Universität Duisburg-Essen und Mitglied des Monetary Experts Panels im Europa-Parlament. „Die Stimmung von Investoren und Konsumenten hat auf Investitionen sehr viel größere Auswirkungen als der Zins“, sagt er.
Was die Kritiker der Sparpolitik sagen
"Wachstum und Beschäftigung müssen an erster Stelle kommen, und das, indem wir alle Spielräume des Stabilitätspakts nutzen."
François Hollande, französischer Staatspräsident
"Seit Beginn der Krise haben die Konservativen Europa mit einem Kürzungsfeldzug nach dem anderen überzogen."
Udo Bullmann, Vorsitzender der SPD-Abgeordneten im Europaparlament
"Unsere Regierung will unterstreichen, dass die Politik des Rigorismus und der Austerität nichts gebracht hat und für beendet erklärt werden muss."
Matteo Renzi, italienischer Ministerpräsident
"Bisher haben wir für Krisenländer Rettungsprogramme gemacht, aber wenn man aus der Intensivstation herauskommt, muss eine Reha-Phase folgen."
Peter Bofinger, Wirtschaftsweiser
"Das Setzen auf reine Sparpolitik ist gescheitert."
Sigmar Gabriel, SPD-Vorsitzender und Vizekanzler
"Sparmaßnahmen von einem Prozent des BIPs reduzieren das Produktionspotenzial der Wirtschaft um rund ein Prozent. Das zeigt: Austeritätspolitik ist in höchstem Maße kontraproduktiv."
Paul Krugman, US-Ökonom und Nobelpreisträger
Deswegen sei auch die Niedrigzinspolitik der EZB verfehlt. Sie schaffe politische Unsicherheit und führe dazu, dass sich Investoren zurückhielten – anstatt Investitionen anzukurbeln. „Das erkennt man an der starken Liquidität der Unternehmen“, so Belke. Die Stimmung und die Erwartungshaltung würden dadurch gesenkt.
Unsicherheit über künftige Politik - insbesondere über einen glatten Ausstieg aus der unkonventionellen Geldpolitik und deren Nebeneffekte - und Markteingriffe wie die Mindestlöhne und die Bindung von Staatsanleiherenditen an Notenbankinterventionen ließen Investoren abwarten.
Auch auf die Konsumenten wirke sich die Niedrigzinspolitik negativ aus. „Gerade ärmere Bürger müssen für die Altersvorsorge vorsorgen.“ Aufgrund der niedrigen Zinsen müssten sie nun größere Summen sparen, um im Alter ausreichend Kapital zu haben. Sie kompensierten die erhöhte Sparneigung dadurch, dass sie weniger konsumieren. „Die Auswirkungen der Niedrigzinspolitik sind bei den ärmeren Bevölkerungsteilen bereits angekommen.“ Der Umverteilungseffekt der gegenwärtigen Geldpolitik von unten nach oben führe somit zu einer insgesamt geringeren Konsumneigung, da reichere Bevölkerungsschichten ohnehin einer geringere Konsumneigung aufwiesen.
Erhöhte Ansteckungsgefahr
Aber nicht nur einzelne Akteure wie Konsumenten oder Investoren sind stimmungsabhängig. Das zeigte zuletzt die Lehman-Pleite. Im September 2008 meldete die amerikanische Investmentbank Insolvenz an. Das führte zu einem Vertrauensverlust innerhalb der Finanzindustrie, aus dem Liquiditätsengpässe resultierten und der Beinahe-Zusammenbruch von zahlreichen Banken.
Die deutsch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen
China ist der nach Frankreich und den Niederlanden der größte Handelspartner Deutschlands. 2013 wurden Waren im Wert von mehr als 140 Milliarden Euro ausgetauscht. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) geht davon aus, dass China in etwa zehn Jahren zum Handelspartner Nummer eins aufsteigen wird.
Die Exporte nach China summierten sich 2013 auf rund 67 Milliarden Euro. Exportschlager sind Maschinen, Fahrzeuge und chemische Produkte. Für Unternehmen wie Audi ist China bereits der wichtigste Absatzmarkt.
Die Chinesen schickten 2013 Waren im Wert von gut 73 Milliarden Euro hierher und damit etwa viermal so viel wie 2000. Vor allem Computer, Handys und Elektronik liefert der Exportweltmeister nach Deutschland. Weitere Verkaufsschlager sind Bekleidung und elektrische Ausrüstungen.
Mehr als 26,5 Milliarden Euro haben deutsche Unternehmen bislang in China investiert. Etwa 4000 Firmen sind dort aktiv. Allein 2012 stiegen die deutschen Investitionen in der Volksrepublik um 28,5 Prozent auf 1,45 Milliarden Dollar. Umgekehrt zieht es immer mehr Chinesen nach Deutschland. 98 Unternehmen siedelten sich 2012 hierzulande neu an - China ist damit Auslandsinvestor Nummer drei, nach den USA und der Schweiz. 2000 Unternehmen sind inzwischen hier ansässig.
Das Risiko einer Finanzmarktansteckung wie 2008 sieht Belke heute immer noch. „Selbst wenn sich alle Banken an die Regulierungsauflagen der EU halten – fällt eine Bank, können alle anderen in Mitleidenschaft gezogen werden.“ Er spricht hierbei von Netzwerkeffekten: Die Institute seien zu sehr ineinander verzahnt; das einzige, was helfe, seien höhere Eigenkapitalvorschriften für größere Banken.
Auch im Bereich des globalen Außenhandels sieht er eine solche Ansteckungsgefahr - weltweit. China und Amerika, die beide zu den fünf wichtigsten Exportabnehmern Deutschlands zählen, haben die Wachstumserwartungen enttäuscht und werden weniger importieren. Davon sei auch das exportorientierte Deutschland betroffen. „Die Nachfrage nach unseren Exportgütern ist sehr von der Stimmung im Rest der Welt abhängig, denn Deutschland exportiert vor allem Investitionsgüter“, so Belke.