Ein dreckiger, abgeranzter Altbau, die raue Fassade abgeplatzt, blinde Fenster. Ein schlammfarbenes Haus, wie es im Osten Berlins hunderte gibt, wahrscheinlich sogar tausende. Oder?
Man sollte einen zweiten, besser noch einen dritten Blick riskieren. Da ist zum Beispiel der meterhohe, mattschwarze Bretterzaun um den zur Straße offenen Innenhof, der keine neugierigen Blicke erlaubt. Eine überlebensgroß gemalte Eurydike räkelt sich auf dem Holz. Neben ihr prangt in großen weißen Buchstaben der mahnende, lockende Satz, das Orpheus sie retten könne, „wenn er sich nur den Regeln der Unterwelt fügt“. Verwirrung. Ein paar Meter weiter findet sich eine schwarze Tür mit einem seltsamen Vordach, aber kein Schild. Noch mehr Verwirrung.
Was ist das hier? Theater? Kindergarten? Einfach Quatsch?
Man muss nachts wiederkommen, um die Konfusion zu klären, in der tiefen Nacht, wenn Berlin dieser Ort wird, von dem der Easyjetset auf der halben Welt raunt, dieses Versprechen auf etwas Großartiges, ganz Irres. Dann eröffnet die wilde Renate ihre Tore.
Ein Club, natürlich. Aber nicht nur. Ein Irrgarten für Erwachsene und solche, die es nie werden wollen. Ein Party-Zirkus. Ein Jahrmarkt der Hipster-Eitelkeiten. Eine außer Kontrolle geratene WG-Party. Ein verwunschenes Feier-Haus. Das ist Renate. Der Salon erstreckt sich durch das ganze Gebäude, Zimmer folgt auf Zimmer, Etage auf Etage, Bar auf Bar, Tanzfläche auf Tanzfläche, Treppe auf Treppe.
Wer nicht aufpasst, verläuft sich und verliert sich in dieser Unterwelt. Und wer passt schon auf, nachts, wenn sich die Discokugel dreht?