Medienbericht Pirat verzichtet nach NSDAP-Vergleich auf Kandidatur

Der Pirat Martin Delius hat den rasanten Aufstieg seiner Partei mit dem der NSDAP verglichen. Auf seinem Blog erklärt er sich, zieht aber gleichzeitig laut Medienberichten seine Kandidatur für den Bundesvorstand zurück.

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Der Abgeordnete der Piratenpartei, Martin Delius, hat mit seinem NSDAP-Vergleich hohe Wellen geschlagen. Quelle: dpa

Frankfurt Der andauernde Streit über rechtsextreme Äußerungen bei den Piraten erhöht den Druck auf die Parteispitze. Vor allem die Aussage des Berliner Fraktionsgeschäftsführers Martin Delius schlägt derzeit Wellen. Gegenüber dem „Spiegel“ sagte er: „Der Aufstieg der Piratenpartei verläuft so rasant wie der der NSDAP zwischen 1928 und 1933.“ Auf seinem Blog dementiert Delius seinen Vergleich nicht, erläutert ihn aber: „Das Zitat ist mir wirklich so passiert und war der Schlusssatz einer Ausführung zum derzeitigen beispiellosen Wachstum der Partei. Die Aussage, dass es in unserer Demokratie keine andere Partei mit so einem extremen Erwartungsdruck und Mitgliederwachstum gibt und gab, stand davor.“

Der Fraktionsgeschäftsführer betont, dass die beiden Parteien nicht vergleichbar seien: „Wir haben keine strukturellen inhaltlichen oder historischen Gemeinsamkeiten. Das wollte ich auch nie andeuten.“ Ihm tue der Vergleich, „so wie er zitiert wurde“, leid. Laut „Spiegel Online“ will Delius nun seine Kandidatur als politischer Geschäftsführer im Bundesvorstand zurückziehen.

Den Posten hat derzeit noch Marina Weisband inne, die sich aber aus dem Politik-Betrieb zurückziehen will, um sich ihrer Diplom-Arbeit zu widmen. Weisband selbst sorgte vor Kurzem auch für Schlagzeilen: Sie brach kurz vor Beginn der Talkshow „Maybritt Illner“ zusammen. Ein Notarzt brachte sie ins Krankenhaus, das sie jedoch noch am selben Abend wieder verlassen konnte.


Pirat Moews will Leugnen des Holocaust legalisieren

Die Piraten ringen seit Wochen um ihren Umgang mit rechten Parteimitgliedern. Ein Parteiausschluss des rheinland-pfälzischen Piraten Bodo Thiesen, der Verständnis für den Angriff Deutschlands auf Polen gezeigt und den Holocaust in Zweifel gezogen haben soll, wurde unlängst abgelehnt.

In der Kritik stehen auch Dietmar Moews und Carsten Schulz, die auf dem Parteitag am kommenden Wochenende für den Bundesvorstand kandidieren wollen. Moews hatte auf der Videoplattform YouTube das „Weltjudentum“ kritisiert und der jüdischen Minderheit nahegelegt, sich anzupassen. Schulz will das Leugnen des Holocaust legalisieren.

Weisband, selbst Jüdin, reagierte mit einem flammenden Aufruf gegen Rechtsextremismus in ihrer Partei. Wenn Rechte nicht aus der Partei ausgeschlossen werden könnten, so sollten sie politisch ausgegrenzt werden, schrieb Weisband in ihrem Blog. Sie warnte: „Unsere Ideen versinken in lauter Müll und Dreck.“

Weisband hatte bereits vor Wochen ihren Rückzug aus der Parteispitze für Ende April angekündigt. Doch zuletzt nahm sie wieder zahlreiche Termine für ihre Partei war. So hatte sie unmittelbar vor dem Vorfall im ZDF-Studio einen Auftritt in der N24-Sendung des Moderators Michel Friedman. Am Wochenende twitterte sie dann: „Ich werde die nächsten 3 Tage vermutlich nicht erreichbar sein, also bitte nicht wundern.“


Sonder-Konferenz einberufen

Unter Druck steht auch Parteichef Nerz. Seit Wochen versucht er mit mäßigen Erfolg den Streit zwischen den einzelnen Parteimitgliedern und Fraktionen der Piraten zu beruhigen. Der „Bild am Sonntag“ sagte er jetzt, er habe in der Rechtsextremismus-Debatte nicht immer richtig reagiert. Es gebe aber ein klares Bekenntnis der Piratenpartei gegen Rechtsextremismus und Rassismus, versicherte er. „Das steht in der Satzung.“

Für weitere Missklänge sorgte auch der Berliner Landeschef Semken. Dieser sagte dem „Spiegel“: „Ich werde nicht verachten lernen, deswegen werde ich selbst auf Nazis nicht mit Verachtung reagieren. Wenn ich damit ungeeignet bin, den Landesverband zu vertreten, dann haben wir tatsächlich ein Problem.“ Mehrere Parteimitglieder hatten wegen seiner angeblich fehlenden Abgrenzung zum Rechtsextremismus seinen Rücktritt gefordert. Semken lehnte dies zuletzt jedoch ab.

Um die Debatte zu beenden, hat die Piratenpartei nun eine Konferenz in Berlin einberufen, bei der die Mitglieder zusammen mit Fachleuten die aufgetauchten Vorwürfe diskutieren und klären sollen. Ein Termin soll für Ende Mai gefunden werden. Die Debatte wird die Piratenpartei damit wohl in die Landtagswahlen in Schleswig-Holstein am 6. Mai und Nordrhein-Westfalen am 13. Mai begleiten.

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