Meldegesetz Kritiker laufen Sturm

Zugriff auf Namen, Titel, Adressen und sogar Geburtstage – das geht Datenschützern und Oppositionspolitikern zu weit. Sie laufen weiter Sturm gegen das neue staatliche Melderegister.

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Datenschutz ist Verbrauchern wichtig. Kritiker bemängeln am neuen Meldegesetz, es biete zu viel externen Zugriff auf staatlich erhobene Daten. Quelle: dpa

Berlin Der Bundestag hatte die Neuregelung vergangene Woche verabschiedet. "Mal wieder bedient Schwarz-Gelb eine Klientelgruppe und deren Profitinteressen und stellt den allgemeinen Daten- und Verbraucherschutz hinten an", sagte Grünen-Fraktionschefin Renate Künast am Samstag in Berlin. Wer ein solches Gesetz durchgehen lasse, könne nicht ernsthaft – zum Beispiel bei Facebook – auf dem Prinzip der Einwilligung zur Datenweitergabe bestehen. Nun müssten die Länder im Bundesrat retten, was Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) versäumt habe.

"Das staatliche Melderegister ist kein Vorratsdatenspeicher für Zwecke der Wirtschaft", bekräftigte SPD-Chef Sigmar Gabriel, der das Gesetz bereits am Donnerstag "gefährlichen Unsinn" bezeichnet hatte. Ein Verkauf von staatlichen Daten sei nicht akzeptabel, sagte er der "Süddeutschen Zeitung".

Thilo Weichert, der Leiter des unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz in Schleswig-Holstein, sprach von "gesetzlichem Wahnsinn". Das neue Recht ermögliche "den privaten Handel mit vom Staat zwangsweise erhobenen Daten in großem Stil", sagte er dem Blatt. Auch der bayerische Datenschutzbeauftragte Thomas Petri bezeichnete den Zugriff auf staatliche Daten als "unsäglich".

Die Kritik entzündete sich an Paragraf 44 des neuen Bundesmeldegesetzes, das nach der Föderalismusreform die bisherigen Landes- und Bundesregelungen zusammenfasst. Der Paragraf ermöglicht es Adresshändlern, Inkassofirmen oder der Werbewirtschaft, umfassend Daten aus den amtlichen Registern abzugreifen – nicht nur Namen und Titel, sondern auch Anschriften und selbst Geburtstage und frühere Namen sollen nicht tabu sein.

Die Länderkammer will im Herbst über die Neuregelung beraten. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, sagte am Samstag voraus: "Das Melderechtsgesetz wird den Bundesrat so nicht passieren."

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