Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat Ägypten Unterstützung im Kampf gegen den Terrorismus und Hilfe bei der Bewältigung der Flüchtlingslage zugesagt. Das Land habe 500 000 Menschen aus Syrien und noch weitaus mehr aus dem Sudan und anderen afrikanischen Ländern aufgenommen, sagte Merkel am Donnerstag nach einem Treffen mit Ägyptens Staatschef Abdel Fattah al-Sisi in Kairo. „Deshalb haben wir hier eine gemeinsame Aufgabe, auch das Schicksal der Flüchtlinge zu verbessern.“
Im Streit über die Arbeit deutscher politischer Stiftungen zeichnet sich Entspannung ab. Die Regierung in Kairo zeigte sich grundsätzlich bereit, deren Arbeit wieder zuzulassen. Deutsche politische Stiftungen können in Ägypten seit einem Urteil gegen zwei Mitarbeiter der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) 2013 nur noch sehr eingeschränkt oder gar nicht arbeiten.
Deutschland werde die Lebenssituation der Flüchtlinge in Ägypten mit Programmen verbessern und gleichzeitig die Arbeit der internationalen Organisationen unterstützen, sagte Merkel zu. Auf die Frage nach möglichen Auffanglagern für Flüchtlinge in dem Land sagte sie, an diesem Punkt der Diskussion sei man noch nicht. Die Kanzlerin betonte: „Es geht nicht darum, dass Menschen, die gar nicht aus Ägypten gekommen sind, von Ägypten zurückgenommen werden.“ Zugleich wies sie aber auf etwa 1000 ägyptische Staatsbürger hin, die in Deutschland ausreisepflichtig seien.
Al-Sisi sagte, in Ägypten gebe es bisher keine Flüchtlingslager. Die fünf Millionen Flüchtlinge lebten in Häusern, „sie essen, was die Ägypter essen, als wären sie selber Ägypter“. Auf die Frage, ob er für Milliardenzahlungen der EU analog des EU-Türkei-Flüchtlingspakts bereit wäre, eine solche Vereinbarung einzugehen, sagte er, der Zeitpunkt für solche Gespräche sei noch nicht erreicht. Al-Sisi ließ allerdings offen, welche Voraussetzungen für solche Verhandlungen geschaffen werden müssten.
Die Chronologie der Flüchtlingskrise
Deutschland setzt das Dublin-Verfahren für Syrer aus. Es sieht die Rückführung von Flüchtlingen dorthin vor, wo sie zuerst EU-Boden betraten.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nennt die Bewältigung des Flüchtlingszustroms eine „große nationale Aufgabe“ und beteuert: „Wir schaffen das.“
Deutschland und Österreich entscheiden, Tausende Flüchtlinge und Migranten aufzunehmen, die in Ungarn gestrandet sind. Bei der Ankunft in Deutschland werden sie bejubelt. CSU-Chef Horst Seehofer fühlt sich übergangen und warnt vor Überforderung.
Die EU-Staats- und Regierungschefs beschließen, die Hilfen zu erhöhen und 160.000 Flüchtlinge auf die Mitgliedsländer zu verteilen. Eine große Entlastung für Deutschland bleibt aus.
Der Bund stockt die Hilfe für Flüchtlinge an Länder und Gemeinden massiv auf.
Der Bundestag beschließt ein neues Asylrecht. Albanien, Kosovo und Montenegro werden zu sicheren Herkunftsländern. Asylbewerber sollen möglichst nur Sachleistungen erhalten.
Die Koalition verständigt sich auf besondere Aufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge mit geringen Bleibechancen. Zudem wird eine zweijährige Aussetzung des Familiennachzugs bei Flüchtlingen mit niedrigerem Schutzstatus beschlossen.
Auf dem CSU-Parteitag in München lehnt Merkel die CSU-Forderung nach einer Obergrenze für die Zuwanderung strikt ab.
Nach Slowenien, Kroatien und Serbien schließt auch Mazedonien seine Grenze für Flüchtlinge und andere Migranten. Damit ist die Balkanroute faktisch dicht, über die 2015 mehr als eine Million Menschen nach Deutschland und Österreich gekommen waren.
Die EU und die Türkei einigen sich darauf, Migranten, die illegal in Griechenland ankommen, in die Türkei zurückzuschicken. Im Gegenzug soll für jeden zurückgenommenen Syrer ein anderer Syrer legal und direkt von der Türkei aus in die EU kommen.
Die Rückführung von Flüchtlingen und anderen Migranten von Griechenland in die Türkei sowie die Umsiedlung von Syrern aus der Türkei in die EU beginnt.
Die EU-Kommission will Flüchtlinge gerechter verteilen. Wie viele ein Land aufnehmen muss, soll von Größe und Wirtschaftskraft abhängen. EU-Staaten, die bei dem System nicht mitmachen, sollen 250.000 Euro pro Flüchtling zahlen.
Die EU verlängert die Erlaubnis für vorübergehende Grenzkontrollen im eigentlich passkontrollfreien Schengen-Raum.
Der Bundestag erklärt Tunesien, Algerien und Marokko zu sicheren Herkunftsländern. Die notwendige Zustimmung des Bundesrates bleibt zunächst aus.
Die EU einigt sich im Grundsatz auf eine gestärkte gemeinsame Grenzschutzagentur und Küstenwache. Die bestehende EU-Grenzschutzagentur Frontex soll in der neuen Behörde aufgehen.
Die EU-Kommission will schärfer gegen Asylmissbrauch vorgehen. Wer nicht mit den Behörden des Aufnahmestaates zusammenarbeitet, müsse mit einer Ablehnung rechnen.
Zur Wiederaufnahme der Arbeit deutscher Stiftungen sagte Merkel, es seien Grundsätze für eine Zusatzabmachung zum deutsch-ägyptischen Kulturabkommen vereinbart worden. Damit solle die rechtliche Situation der Stiftungen geregelt werden. Die Einigung müsse noch vom ägyptischen Parlament verabschiedet werden. Die Kanzlerin zeigte sich erleichtert über die Fortschritte: „Das hat uns schwer auf der Seele gelegen, weil sie eine wichtige Arbeit machen.“ Das Grundsatzabkommen werde auch eine engere Entwicklungszusammenarbeit ermöglichen.
Merkel hob die Bedeutung der Menschenrechte für die positive Entwicklung Ägyptens hervor. Sie habe Menschenrechtsverletzungen angesprochen und klar gemacht, dass sie sich hier verbesserte Möglichkeiten für Nichtregierungsorganisationen wünsche. Al-Sisis autoritäre Regierung soll für die Inhaftierung von Zehntausenden Oppositionellen und die systematische Unterdrückung der Zivilgesellschaft verantwortlich sein. Merkel sagte, eine vielfältige Zivilgesellschaft könne „auch eine Widerstandsfähigkeit gegen terroristische Aktivitäten aufbauen“.
Al-Sisi sagte, seine Regierung habe „Interesse an Menschenrechten“. Er bitte die Europäer aber, die Krisen in der Region unter anderem durch den Terrorismus zu beachten. Wenn die Europäer „feststellen würden, was wir für Bedrohungen haben - das wünschen wir Ihnen nicht“. Hunderte Ägypter seien bei Terrorangriffen gestorben.
Merkel bot Al-Sisi eine engere Zusammenarbeit im Kampf gegen den Terror an: „Die terroristische Bedrohung ist eine leider reale Bedrohung in Ägypten, aber auch in Deutschland.“
Deutschland und die EU würden sich künftig intensiver für eine politische Lösung der Krise in Ägyptens Nachbarland Libyen einsetzen, sagte Merkel. Al-Sisi habe angesichts der Länge der Grenze zu Libyen auf die Probleme mit Terroristen und Migration hingewiesen. „Hier haben wir wieder ein gemeinsames Interesse, das zu unterbinden“, sagte die Kanzlerin. Bei der möglichen Zusammenarbeit gehe es vor allem um technische Ausrüstung zur Überwachung der Land- und Seegrenze Ägyptens.