Merkels Flüchtlingspolitik Die Angezählte

Der Rückhalt in der Bevölkerung für die Kanzlerin schwindet. Selbst ihr verschärfter Ton gegenüber Flüchtlingen und das Asylpaket II laufen ins Leere. Bald könnte Machtfrage in der Union offen ausbrechen. Ein Kommentar.

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Die Bundeskanzlerin Angela Merkel verliert an Rückhalt in der Bevölkerung. Quelle: dpa

Berlin Die Deutschen stellen der Flüchtlingspolitik der Regierung ein vernichtendes Zeugnis aus. 81 Prozent der Befragten finden, die Bundesregierung habe die Situation nicht im Griff. Das Ergebnis des „ARD-Deutschlandtrends“ allein müsste das Kanzleramt schon in Alarmbereitschaft versetzen.

Doch was noch schwerer wiegt: Die Kanzlerin schafft es nicht mehr wie bei der NSA-Affäre oder Energiewende, sich als Person von den negativen oder widersprüchlichen Resultaten ihrer Regierungspolitik abzusetzen. Die Bürger machen die Kanzlerin eins zu eins für Schwierigkeiten im Land durch ihre Flüchtlingspolitik verantwortlich.

Das zeigt der dramatische Einbruch bei ihren Zustimmungswerten. Die Kanzlerin verliert zwölf Prozentpunkte und kommt damit nur noch auf 46 Prozent. Das ist ihr schlechtester Wert seit August 2011. Die Alternative für Deutschland (AfD) gewinnt dagegen drei Punkte hinzu und kommt auf zwölf Prozent Zustimmung – den höchsten Wert, der im ARD-„Deutschlandtrend” bisher für die AfD gemessen wurde.

Die verschärfte Tonlage Merkels gegenüber den Flüchtlingen, die Verabschiedung des Asylpakets II, all die abschreckenden Maßnahmen, die die Bundesregierung in den letzten Wochen angeschoben hat, gehen völlig an der Bevölkerung vorbei.


Gäbe es einen Hebel, Merkel hätte ihn schon umgelegt

Die Bürger unterstützen den Kurs Merkels nicht. Trotzdem: An der Tatsache, dass die internationale Lage komplex ist und es keine einfache Lösungen gibt, führt auch kein Weg vorbei. Wenn Merkel nur einen Hebel umlegen müsste, um den Flüchtlingsstrom zu stoppen, hätte sie es schon getan.

Sinken die Flüchtlingszahlen in absehbarer Zeit nicht, dürfte die Machtfrage in der Union bald ganz offen ausbrechen. Wenn bei den Landtagswahlen die CDU verliert, wird eine hitzige parteiinterne Debatte über den Kurs Merkels losgehen.

Gescheitert sind die perfiden Planspiele so mancher Parteistrategen, die AfD solle doch ruhig in die Landesparlamente von Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz einziehen. Solange die CDU die Ministerpräsidenten stelle und Rot-Grün (Mainz) oder Grün-Rot (Stuttgart) verhindert werde, sei doch alles in bester Ordnung. Doch jetzt droht die CDU in eine Abwärtsspirale zu geraten, die nicht vorhersehbar war.

Die Kanzlerin wird sich spätestens nach dem EU-Gipfel Mitte Februar den Bürgern erklären müssen.

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