Mietpreisbremse Gewinn-Verbot und Rauswurf-Zwang

Seite 2/2

"Entmieten" wird nun vom Staat gefördert

Immobilienboom, Mietpreisbremse und Co. heizen Konflikte zwischen Mietern und Vermietern an. Wie sich Mieter gegen renditelechzende Vermieter wehren.
von Martin Gerth

Derzeit ist die Modernisierungsumlage so geregelt, dass elf Prozent der Kosten pro Jahr auf den Mieter umgelegt werden dürfen. Der Erhöhungsbestandteil wird mit der Zeit Teil der normalen Miete, läuft also bis zum Ende des Mietverhältnisses weiter. Künftig darf der Vermieter nur noch maximal zehn Prozent pro Jahr umlegen. Das ist nur ein marginaler Unterschied. Aber der Haken steckt in der Nebenbedingung: "längstens bis zur Amortisation der Modernisierungskosten", hieß es schon im Koalitionsvertrag.

Wenn der Mieter also dem Vermieter über zehn Jahre hinweg dessen Ausgaben abgestottert hat, fällt der Mietpreis auf das alte Niveau zurück. Selbst wenn die Regierung so großzügig sein sollte und den Zinsverlust für die Vorfinanzierung der Modernisierung über zehn Jahre ebenfalls für umlagefähig erklärt: Der Vermieter kommt bestenfalls zu null raus und trägt immer noch das Risiko, dass es Streit mit dem Bewohner um die Modernisierung gibt. Sei es, dass dieser Kosten bestreitet oder Beschädigungen während der Bauarbeiten ersetzt haben möchte. Zählt die fiktive Vorfinanzierung nicht zu den Modernisierungskosten, macht der Vermieter sogar finanziell Verlust.

Wer seinem Mieter die Wohnung verschönert, riskiert also Ärger und zahlt eventuell noch drauf. Ein Gewinnverbot in der Marktwirtschaft ist neu. Und jeder, der sich Gedanken über Ökonomie macht, kann daraus nur einen Schluss ziehen: Eine Investition, die keine Rendite bringt, unterbleibt.

Noch größer wird der Wahnsinn, wenn man sich das Zusammenspiel von Mietpreisbremse und Modernisierungsdeckel anschaut. Sind erstmal beide Teile der Mietrechtsreform in Kraft, wirkt das Signal an die Hausbesitzer gleich doppelt stark. Während die Sanierung im Bestand keinen Profit bringt, ist eine umfassende Modernisierung die einzige Möglichkeit, die Mietpreisbremse zu umgehen.

Es ist also doppelt attraktiv, nicht laufend in seinen Bestand zu investieren und es seinen Mietern schön zu machen. Im Gegenteil: Den größten Vorteil erzielt, wer seinen Besitz eine Weile verlottern lässt, bis die Altmieter ausziehen. Denn dann kann kräftig saniert und die Miete heraufgesetzt werden.

Das "Entmieten" der Bestände - ein übles Vorgehen, das man einst Immobilienspekulanten zu Recht vorwarf - wird nun vom Staat gefördert. Wie hieß noch das einschlägige Kapitel des Koalitionsvertrages? Gutes und bezahlbares Wohnen.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%