Der seit eineinhalb Jahren geltende gesetzliche Mindestlohn soll 2017 erstmals angehoben werden auf 8,84 Euro pro Stunde von derzeit 8,50 Euro. Das schlug die Mindestlohnkommission am Dienstag vor. Die Entscheidung sei einstimmig gefallen, sagte deren Vorsitzender Jan Zilius in Berlin. Die Bundesregierung kann die Empfehlung nur annehmen oder ablehnen, nicht aber verändern. Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) wollte sich noch am Nachmittag zu dem Vorschlag äußern.
Wie der Mindestlohn bisher gewirkt hat
Rund fünf Millionen Beschäftigte haben laut dem Institut WSI der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung vor der Einführung der Lohnuntergrenze weniger als 8,50 Euro pro Stunde verdient - und somit seither zumindest potenziell profitiert. Vor allem Geringverdiener in Ostdeutschland hätten deutlich zugelegt, Arbeitnehmerinnen in den neuen Ländern im Schnitt um 8,5 Prozent. Ein deutliches Lohnplus gab es in Schlachtereien, Wachdiensten, im Garten- und Landschaftsbau.
Sie sind vereinzelt gestiegen, etwa jene von Taxis. Kunden mussten laut dem arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hier 2015 durchschnittlich 12,1 Prozent mehr bezahlen als noch im Vorjahr. Auch Haushaltshilfen, Friseurdienstleistungen oder Schuhreparaturen wurden teurer. Doch die Inflation ist gering, der Ölpreis im Keller - auch deshalb hat der Mindestlohn nicht zu großen Sprüngen geführt.
Bislang keine negativen Auswirkungen des Mindestlohns auf Arbeitsmarkt oder Güternachfrage bestätigt das IW. Dies könne sich jedoch rasch ändern, wenn die Energiepreise steigen oder sich die Konjunktur deutlich abkühlt. Zwar fielen viele Minijobs weg - laut Arbeitsmarktexperten sind aber schätzungsweise 50 Prozent in Arbeitsplätze mit Sozialversicherung umgewandelt worden.
Grundlage für die Entscheidung des Gremiums - in dem Arbeitgeber und Gewerkschaften paritätisch vertreten sind - ist der vom Statistischen Bundesamt ermittelte Tarifindex. In ihn fließen rund 500 Tarifverträge ein. In den vergangenen eineinhalb Jahren stiegen die Löhne und Gehälter um durchschnittlich 3,2 Prozent. Strittig war zwischen dem Arbeitgeber- und Arbeitnehmerlager bis zuletzt, ob auch die jüngsten Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst sowie der Metall- und Elektrobranche berücksichtigt werden sollten.
Der bundesweite Mindestlohn wurde zum 1. Januar 2015 eingeführt. Er gilt für rund vier Millionen Beschäftigte des Niedriglohnsektors. Die nächste Anhebung steht zum 1. Januar 2019 an. Das Gesetz sieht alle zwei Jahre eine Anpassung vor.