Modellauto-Affäre Haderthauer bleibt trotz Ermittlungen im Amt

CSU-Ministerin Haderthauer ist wegen Betrugs ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten. Bayerns Staatskanzleichefin gibt sich uneinsichtig – sie habe nichts zu verbergen. Ministerpräsident Seehofer stärkt ihr den Rücken.

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Die Staatsanwaltschaft München plant offenbar ein Ermittlungsverfahren gegen die bayerische Staatskanzlei-Chefin Christine Haderthauer (CSU) . Quelle: dpa

München Die bayerische Staatskanzlei-Chefin Christine Haderthauer (CSU) ist im Zusammenhang mit privaten Geschäften ins Visier der Justiz geraten. Die Staatsanwaltschaft München plane ein Ermittlungsverfahren gegen die CSU-Politikerin und Landtagsabgeordnete, teilte die Staatskanzlei am Dienstag mit. Darüber habe die Ermittlungsbehörde gemäß den gesetzlichen Vorgaben den Landtag informiert. Haderthauer habe unverändert das Vertrauen von Ministerpräsident Horst Seehofer, zu dessen engsten Vertrauten die Staatsministerin zählt.

Haderthauer bleibt trotz bevorstehender Betrugsermittlungen der Staatsanwaltschaft im Amt. Das ist das Ergebnis eines Krisentreffens von Ministerpräsident Horst Seehofer mit mehreren CSU-Spitzenpolitikern in der Staatskanzlei am Dienstag. Die Vorwürfe beträfen nicht die Amtsführung Haderthauers, sondern bezögen sich auf „eine außergerichtliche Einigung mit einem privaten Dritten“, teilte die Staatskanzlei mit. „Es geht also nicht um ein Dienstvergehen. Deshalb ist der Vertrauenserklärung, die Herr Ministerpräsident Seehofer in der letzten Woche abgegeben hat, nichts hinzuzufügen.“

Die Staatskanzleichefin hat derweil ihre Unschuld beteuert und einen Rücktritt abgelehnt. „Der Vorwurf ist nach meiner festen Überzeugung nicht haltbar“, teilte die CSU-Politikerin am Dienstag in einer persönlichen Erklärung mit. Ihr Anwalt habe bereits schriftlich gegenüber der Staatsanwaltschaft Stellung genommen, den Vorwurf widerlegt und die Einstellung des Vorermittlungsverfahrens beantragt. „Ich habe ein hohes Interesse an einer schnellen Klärung und werde selbstverständlich alles dazu beitragen“, erklärte Haderthauer und betonte: „Die Frage nach persönlichen Konsequenzen stellt sich nicht.“

Grund für das Ermittlungsverfahren ist eine Anzeige des Geschäftsmanns Roger Ponton. Er war früher Miteigentümer der Firma Sapor Modelltechnik, die von psychisch kranken Straftätern hergestellte Modellautos verkaufte. Ponton hatte im Jahr 2011 vom Ehepaar Haderthauer 20.000 Euro Abfindung für seinen Firmenanteil erhalten, fühlt sich jedoch heute übers Ohr gehauen. Ponton vermutet, dass die Gewinne der Firma höher waren als von den Haderthauers angegeben – und deswegen auch seine Abfindung zu niedrig.

„Die Staatsanwaltschaft München II geht ausdrücklich davon aus, dass erst im Ermittlungsverfahren zu klären ist, ob sich der Verdacht einer Straftat durch Frau Staatsministerin Haderthauer erhärten oder zerstreuen lässt“, hieß es in der Erklärung der Staatskanzlei. „Es gilt auch in diesem Fall der rechtsstaatliche Grundsatz der Unschuldsvermutung.“ Haderthauer habe erklärt, dass sie die Anschuldigungen vollumfänglich widerlegen könne. „Es ist daher davon auszugehen, dass die Staatsanwaltschaft München II die Ermittlungen zügig abschließen kann“, so die Erklärung der Staatskanzlei.


„Haderthauer hat versucht, die Öffentlichkeit zu täuschen“

Der SPD-Abgeordnete Horst Arnold forderte erneut den sofortigen Rücktritt der Staatskanzleichefin: „Haderthauer hat versucht, die Öffentlichkeit und das Parlament über ihre Beteiligung an der Firma Sapor Modelltechnik wiederholt zu täuschen.“ Grünen-Fraktionschefin Margarete Bause bekräftigte ihre Drohung, einen Untersuchungsausschusses zu beantragen.

Das übliche Verfahren in derartigen Fällen ist nicht die sofortige Aufhebung der Immunität. Vielmehr informiert die Staatsanwaltschaft den Landtag, dass sie zu ermitteln gedenkt. Sofern der Landtag nicht innerhalb von 48 Stunden Widerspruch einlegt, können die Ermittler tätig werden, ohne dass die Immunität formell aufgehoben wäre.

Ponton und die heutige Staatskanzleichefin waren in den 90er Jahren gemeinsam Eigentümer von Sapor Modelltechnik. Nach Haderthauers Darstellung war Ponton ab 1996 nicht mehr zu erreichen und meldete sich erst 2011 wieder. In der Zwischenzeit hatte die CSU-Politikerin ihren Firmenanteil an ihren Mann übertragen. Hubert Haderthauer verkaufte diesen Anteil 2008, seitdem ist das Ehepaar nicht mehr an der Firma beteiligt.

Ponton forderte nach seinem Wiederauftauchen 2011 Entschädigung, beide Seiten einigten sich auf eine Abfindung von 20.000 Euro, wie der Haderthauer-Anwalt kürzlich den Medien mitgeteilt hatte. Nachdem dann aber Medien berichteten, dass einzelne Modellautos fünfstellige Preise erzielt hätten, ging Ponton zur Staatsanwaltschaft – er fand im Nachhinein die Abfindung zu niedrig. Die Ermittler nahmen die Vorwürfe offensichtlich ernst.

Ministerpräsident Seehofer hatte Haderthauer erst am vergangenen Mittwoch sein Vertrauen ausgesprochen. An der Krisensitzung am Dienstag nahmen nach dpa-Informationen Seehofer, Wirtschaftsministerin Ilse Aigner, Innenminister Joachim Herrmann und Landtagsfraktionschef Thomas Kreuzer (alle CSU) teil. Ob Haderthauer selbst daran teilnahm, war zunächst unklar. Für die Kabinettssitzung zuvor hatte sie sich krank gemeldet.

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