„moderne Sklaverei“ DGB will digitale Billigjobs stärker bekämpfen

Große Hoffnungen und enorme Sorgen ruft die digitale Revolution hervor, die in Unternehmen und Gesellschaft im Gang ist. Zum Nationalen IT-Gipfel wendet sich der DGB gegen neue prekäre Verhältnisse.

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Der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann sieht mit der digitalen Revolution auch neue Aufgaben auf die Gewerkschaften zukommen. Es entstünden neue digitale Billigjobs die „eine Art moderne Sklaverei“ darstellten. Quelle: dpa

Berlin Vor dem IT-Gipfel der Bundesregierung hat der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) neuen digitalen Billigjobs ohne Arbeitnehmerrechten den Kampf angesagt. „Wir werden nicht tatenlos zusehen, wie hier eine Art moderne Sklaverei entsteht, mit einem Wettbewerb um Löhne nach unten“, sagte der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann am Montag der Nachrichtenagentur dpa in Berlin.

Die digitale Arbeitswelt biete klare Chancen, aber auch Risiken, denen sich die Gewerkschaften stellen müssten. Auf dem Nationalen IT-Gipfel an diesem Dienstag in Hamburg stehen Wettbewerb, Sicherheit und Arbeiten im digitalen Wandel im Zentrum. Neben Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und mehreren Kabinettsmitgliedern werden unter anderem Vorstände großer deutscher Unternehmen erwartet.

Hoffmann warnte: „Die vermeintliche Freiheit, einfach Geld zu verdienen mit Jobs wie Crowdworking oder über digitale Putzhilfenvermittler könnte sich als Falle entpuppen.“ Dann entstehe ein digitales Proletariat ohne jeden sozialen Schutz. Beim Crowdsourcing oder -working vermitteln Online-Plattformen einfache Aufgaben von Unternehmen, die Mitarbeiter am PC etwa daheim erledigen.

Sozialversicherungsbeiträge und Zuschläge etwa für Nachtarbeit fallen weg. Die Leute sollen dafür zum Beispiel bestimmte Daten abgleichen, Adressen recherchieren, Bilder verschlagworten. Der DGB-Chef versicherte: Die Gewerkschaften würden sich dem stellen.

„Warum sollen in der digitalen Welt keine Arbeitnehmerrechte gelten?“, so Hoffmann. Er räumte ein, es sei noch offen, wie sich Tarifverträge und Mitbestimmung übertragen lassen. „Da wird es sicher kreative Antworten geben, die in diese Welt passen.“ Doch ohne gehe es nicht. „Online-Unternehmen sind auch nur Unternehmen mit realen Mitarbeitern, Auftragnehmern und Kunden, die reale Verträge abschließen müssen.“


Frage nach Rechten muss öfter gestellt werden

In Politik, Wirtschaft und bei den Gewerkschaften ist der in vielen Branchen rasante digitale Wandel derzeit ein Riesenthema - für viele durchaus ein positives. Ein zentrales Stichwort lautet Industrie 4.0. Dabei können zum Beispiel Werkstücke von Maschine zu Maschine einer Fabrik wandern und jeweils individuell bearbeitet werden - eine individualisierte Massenproduktion wird möglich. Kleine Produktionsstätten etwa mit 3D-Druckern entstehen.

Auch etwa bei der „Share Economy“ stellen Kritiker aber die Frage nach den Rechten der Beteiligten. Das Prinzip: Menschen teilen, was sie haben - etwa Autos oder Unterkünfte. In Deutschland hat der Rechtsstreit der Taxibranche gegen den Fahrdienst-Vermittler Uber für Schlagzeilen gesorgt. Fraglich ist aus Sicht von Kritikern, ob nicht Vorschriften etwa zum Schutz von Fahrern, Reinigungskräften oder Konsumenten ausgehebelt werden.

Unter anderem gegen ständige Erreichbarkeit durch den Chef via Smartphones, Tablets und Notebooks erwägt das Bundessozialministerium derzeit eine Anti-Stress-Verordnung.

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