Möglicher Spionage-Skandal Schweizer soll deutsche Steuerfahnder ausspioniert haben

Spioniert der Schweizer Geheimdienst wegen Steuer-CD-Käufen bei deutschen Steuerfahndern? Das legt eine Festnahme in Frankfurt am Freitag nahe. Der verhaftete Schweizer soll spioniert haben. Die Politik ist alarmiert.

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Steuerhinterzieher im Ausland
Noch ist nicht sicher, ob und wie sich die Bedingungen für eine strafbefreiende Selbstanzeige in Deutschland in den nächsten Monaten verändern werden. Doch in manchen Fällen muss ein Steuersünder nicht nur dem deutschen Fiskus, sondern auch Finanzbehörden im Ausland Rechenschaft ablegen. Welche Regeln dabei zu beachten sind, hat Rechtsanwalt Tom Offerhaus, Partner der Steuerberatungsgesellschaft WTS Group, in einer Studie zusammengefasst. Diese ist im Elitebrief erschienen.Quelle: Elitebrief Quelle: dpa
BelgienSteuerliche und strafrechtliche KonsequenzenDie Verjährungsfrist bei Steuerhinterziehung beträgt sieben Jahre, Steuererhöhungen liegen zwischen 10 und 200 Prozent. Es drohen Geld- und Haftstrafen bis zu fünf Jahren und eine Anklage wegen Geldwäsche unabhängig von der Verjährungsfrist. Banken haben Anzeigepflichten gemäß der 3. EU-Geldwäsche-Richtlinie.Regelungen zur Selbstanzeige Bis zum 31.12.2013 gab es die Möglichkeit zur Selbstanzeige. Es wurden Geldstrafen in Höhe einer zusätzlichen Steuer von 15 Prozent für einen 7-Jahreszeitraum fällig sowie ein pauschaler Steuersatz in Höhe von 35 Prozent auf das steuerlich noch nicht verjährte Vermögen. Seit dem 1. Januar 2014 sind keine Selbstanzeigen mehr möglich. Ab 2014 wird eine vollständige steuer- und strafrechtliche Verfolgung erwartet. Quelle: dpa
ChinaSteuerliche und strafrechtliche KonsequenzenDie Besteuerung wird neu festgesetzt. Es droht eine Geldstrafe – nicht unter 50 Prozent und nicht mehr als der fünffache Betrag der nicht oder zu wenig entrichteten Steuer. Zudem kann es zu einer Haftstrafe kommen, wenn der Steuerzahler aktiv und vorsätzlich mittels bestimmter Maßnahmen Steuern hinterzieht.Regelungen zur Selbstanzeige Bei freiwilliger Nacherklärung ist eine Reduzierung der Strafe möglich, bei geringeren Vergehen auch eine Straffreiheit. Quelle: rtr
DänemarkSteuerliche und strafrechtliche KonsequenzenDas Einkommen wird um das Einkommen, auf das Steuern hinterzogen wurden, erhöht. Es droht eine Geldstrafe – abhängig von der Höhe der hinterzogenen Steuern sowie subjektiven Elementen in Höhe des halben, vollen oder doppelten Steuerhinterziehungsbetrags. Möglich ist auch eine Haftstrafe von bis zu acht Jahren.Regelungen zur Selbstanzeige Steuerhinterziehung verjährt bei einem Betrag von weniger als 500.000 Dänischen Kronen nach fünf Jahren, bei höheren Beträgen nach zehn Jahren. Straffreiheit ist möglich bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz, sofern höchstens 100.000 Dänische Kronen hinterzogen wurden. Ein Vergleich oder eine Haftstrafe ohne oder mit Bewährung ist abhängig von der hinterzogenen Steuer. Quelle: dpa
DeutschlandSteuerliche und strafrechtliche KonsequenzenEs müssen die Steuerbescheide der letzten zehn Jahre verändert werden. Die hinterzogene Summe muss nachgezahlt werden, hinzu kommen sechs Prozent Zinsen pro Jahr. Es droht eine Geldstrafe sowie eine Haftstrafe von bis zu fünf Jahren, in schweren Fällen auch zehn Jahre.Regelungen zur Selbstanzeige Die Zahlung der resultierenden Steuer zuzüglich Zinsen sowie gegebenenfalls einer zusätzlichen Gebühr von fünf Prozent bei hinterzogenen Steuern von mindestens 50.000 Euro für eine strafbare Handlung (zum Beispiel eine falsche Steuererklärung) kann zur vollständigen Straffreiheit führen. Quelle: dpa
EstlandSteuerliche und strafrechtliche KonsequenzenZinserträge von Banken der EWR-Länder sind einkommensteuerfrei. Pro Tag werden 0,06 Prozent Zinsen fällig. Neben einer Geldstrafe droht eine Haftstrafe von bis zu fünf Jahren.Regelungen zur Selbstanzeige Es existieren keine Vorschriften zur Selbstanzeige. Steuerhinterziehung verjährt nach fünf Jahren. Die Selbstanzeige wirkt als strafmildernder Umstand bei Bestimmung der Geldstrafe. Quelle: dpa
FrankreichSteuerliche und strafrechtliche KonsequenzenDie Steuerschuld wird neu festgesetzt. Zusätzlich werden pro Monat Zinsen in Höhe von 0,4 Prozent fällig. Hinzu kommen Strafzahlungen von 40 oder 80 Prozent plus – bei Nichtoffenlegung des ausländischen Kontos - 1.500 beziehungsweise 10.000 Euro oder fünf Prozent, falls der Saldo mehr al 50.000 Euro beträgt. Es droht eine Geldstrafe von 500.000 bis 1.000.000 Euro sowie eine Haftstrafe von fünf bis sieben Jahren.Regelungen zur Selbstanzeige Die Reduzierung der Geldbußen oder -strafen hängt von der Eigenschaft als passiver Steuerzahler (Schenkung, Erbschaft) oder aktiver Steuerzahler ab. Strafzahlungen können sich um 15 oder 30 Prozent reduzieren, Geldstrafen um 1,5 oder drei Prozent. Verjährung: Einkommensteuer 2006, Vermögensteuer 2007,Geldstrafe 2009. Quelle: AP

Der am Freitag in Frankfurt verhaftete Schweizer soll für den eidgenössischen Geheimdienst deutsche Steuerfahnder ausspioniert haben. Ziel soll die Aufklärung von Steuer-CD-Käufen gewesen sein.

Einem wegen Spionageverdachts verhafteten Schweizer wird nach Angaben seines Anwalts die Bespitzelung deutscher Steuerfahnder vorgeworfen. Der deutsche Anwalt des am Freitag in Frankfurt festgenommenen Daniel M. sagte dem Schweizer „Sonntags Blick“: „Mein Mandant soll im Auftrag des Schweizer Nachrichtendienstes in Deutschland spioniert haben.“

Das Ziel solle gewesen sein herauszufinden, welche Steuerfahnder Steuer-CDs kauften und wie diese Käufe genau abliefen. Nordrhein-Westfalens Finanzminister Norbert Walter-Borjans zeigte sich empört: „Falls sich die Geschichte als wahr erweist, wäre das ein handfester Skandal.“

Allein die Behörden in NRW haben seit 2010 elf Steuer-CDs mit Datensätzen mutmaßlicher Steuerhinterzieher gekauft. Die Informationen waren zuvor Schweizer Banken entwendet worden. Für die Datenträger haben die Steuerfahnder in NRW insgesamt 17,9 Millionen Euro an Informanten gezahlt. Im Gegenzug haben sie dem Fiskus aber Walter-Borjans zufolge bis zu sieben Milliarden Euro zusätzlich durch Nachforderungen und Selbstanzeigen gesichert.

Die Bundesanwaltschaft hatte am Freitag lediglich erklärt, sie habe einen 54-jährigen Schweizer in Frankfurt festnehmen lassen, aber keine Gründe genannt. Dort und im Wetteraukreis seien auch mehrere Wohn- und Geschäftsräume durchsucht worden. Der Beschuldigte sei „dringend verdächtig, seit Anfang 2012 für den Geheimdienst einer fremden Macht tätig gewesen zu sein“.

Auch „Die Welt“ berichtete, die Bundesanwaltschaft ermittele gegen einen mutmaßlichen Spion des Schweizer Geheimdienstes NDB wegen der Bespitzelung deutscher Steuerfahnder. Der Mann sei im deutschen Finanzsektor aktiv gewesen. Ein Sprecher des Schweizer Außenministeriums sagte zu Reuters: „Wir haben Kenntnis von der Verhaftung.“ Wegen des Persönlichkeitsschutzes könnten aber keine weiteren Angaben gemacht werden. Vom Innenministerium und vom Auswärtigen Amt in Berlin war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten. Die Schweiz hat die Entwendung von Daten und deren Ankauf durch deutsche Behörden stets als illegal bezeichnet.

Walter-Borjans sagte Reuters: „Wenn Nachrichtendienste Spione beauftragen, in Deutschland Steuerfahnder zu bespitzeln, muss man sich doch fragen, in wessen Interesse sie handeln – im Namen der Steuergerechtigkeit ja wohl kaum.“ Die nordrhein-westfälische Finanzverwaltung erwerbe Steuer-CDs, weil sie Steuerhinterziehung nicht anders aufklären könne. „Die Gerichte – zuletzt der Europäische Gerichtshof - haben unser Vorgehen ohne Ausnahme bestätigt“, sagte der Landesfinanzminister: „Wer jetzt Jagd auf die Fahnder macht, schützt die Täter.“

Der „Sonntags Blick“ berichtete, Daniel M. sei ein früherer Polizist, der in den Sicherheitsbereich einer Schweizer Großbank gewechselt sei. Gleichzeitig habe er als freier Mitarbeiter für den Schweizer Nachrichtendienst des Bundes (NDB) gearbeitet. In Deutschland drohen für geheimdienstliche Agententätigkeit bis zu fünf Jahre Haft, in besonders schweren Fällen droht sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren.

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