Die Kritik an Linksfraktionschefin Sahra Wagenknecht wegen ihrer Aussagen zur Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) reißt nicht ab. „Es fehlt nur noch, dass Frau Wagenknecht wie der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump ein Einreiseverbot für Muslime und den Bau einer Mauer an den Außengrenzen der Bundesrepublik vorschlägt“, heißt es in einer Erklärung des Türkischen Bunds in Berlin-Brandenburg (TBB). „Frau Wagenknecht sollte dem Angebot via Twitter des Vorsitzenden der AfD-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt, André Poggenburg folgen und die Partei wechseln.“
Hintergrund sind Wagenknechts Äußerungen nach dem mutmaßlich islamistisch motivierten Bombenattentat von Ansbach. In der ARD und in einer Pressemitteilung hatte die Vorsitzende der Bundestags-Linksfraktion gesagt, „dass die Aufnahme und Integration einer sehr großen Zahl von Flüchtlingen und Zuwanderern zumindest mit erheblichen Problemen verbunden und sehr viel schwieriger ist als Frau Merkel uns das im letzten Herbst mit ihrem „Wir schaffen das“ einreden wollte“. Die Kritik aus ihrer Partei wies Wagenknecht inzwischen als Missverständnis zurück.
Zur Person Sahra Wagenknecht
Sahra Wagenknecht stammt aus Jena. In der DDR durfte sie nicht studieren; man befand, sie sei für das Kollektiv „nicht genügend aufgeschlossen“. Nach der Wiedervereinigung studierte sie in Jena, Berlin und Groningen Philosophie und Neuere Deutsche Literatur.
Ein halbes Jahr vor dem Mauerfall trat sie in die SED ein, zwei Jahre später saß sie im Vorstand der SED-Nachfolgepartei PDS. 1992 bezeichnete die erklärte Anti-Kapitalistin die Berliner Mauer als „notwendiges Übel“ und befand, die DDR sei „ein besserer Staat als die BRD“ gewesen.
Seit 2010 ist Wagenknecht stellvertretende Vorsitzende der Partei Die Linke. Ihre Mitgliedschaft in der „Kommunistischen Plattform“ ruht seit Februar 2010. Von 2004 bis 2009 war sie Abgeordnete im Europaparlament, seit Oktober 2009 sitzt sie im Bundestag.
Wagenknecht ist Autorin zahlreicher Bücher, etwa von „Freiheit statt Kapitalismus“. 1997 heiratete sie den Filmproduzenten Ralph Niemeyer. Mittlerweile ist sie in zweiter Ehe mit Oskar Lafontaine verheiratet.
Der außenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Jan van Aken, hatte zuvor Wagenknechts Rücktritt gefordert: „Wer Merkel von rechts kritisiert, kann nicht Vorsitzender einer Linksfraktion sein“, sagte van Aken der „Berliner Zeitung“.
Wagenknechts Co-Fraktionschef Dietmar Bartsch wollte sich der Rücktrittsforderung nicht anschließen. Gleichwohl ging er auf Distanz zu ihr. Er begrüße Wagenknechts „Richtigstellung“, sagte Bartsch den Zeitungen der „Funke Mediengruppe“. Er habe jedoch seine Kritik an ihrer Presseerklärung vom Montag „zuvor persönlich und deutlich übermittelt“.
Auf ihrer Facebook-Seite hatte Wagenknecht am Dienstag eingeräumt, dass ihre Stellungnahme „offenbar zu Missverständnissen geführt“ habe. Sie habe weder die Aufnahme von Flüchtlingen kritisieren noch alle in Deutschland lebenden Flüchtlinge unter Generalverdacht stellen wollen. Sie habe vielmehr Bundeskanzlerin Merkel kritisieren wollen, die für ihr „Wir schaffen das“ nicht die notwendigen sozialen und politischen Voraussetzungen geschaffen habe.