N24-Talk Bernd Lucke flüchtet vor Michel Friedman

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Bezeichnend für die AfD?

Die damalige Sendung unter dem Titel „Ist der Euro an allem Schuld?“ war keine zwei Minuten alt, da rauschten Lucke und Friedman bereits aneinander. Gleich in die erste Antwort von Lucke grätsche Friedman rein. „Bitte unterbrechen Sie mich nicht ständig“, mahnte Lucke den Moderator, der aggressiv konterte. „Sie werden trotzdem unterbrochen. Ich will nicht, dass Sie immer über Spanien sprechen, lassen Sie uns über Deutschland reden“, so Friedman.

Hätte sich die AfD damals über eine unseriöse Moderation beklagt, man hätte der Partei kaum widersprechen können. Schließlich durfte Luckes damaliger Gegenspieler, SPD-Mann Roth, fast immer aussprechen. Die Antipathie Friedmans gegenüber Lucke war greifbar. Dennoch bestritt der Diplom-Volkswirt souverän die Sendung.

„Die Schweiz nimmt nur das vom Buffet Europa, was ihr schmeckt.“
Martin Schulz Quelle: dpa
FDP-Chef Christian Lindner kritisierte: „Die Schweiz nimmt nur das vom Buffet Europa, was ihr schmeckt.“ Quelle: dpa
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) zeigte sich enttäuscht nach dem Votum in der Schweiz. „Wir hätten uns ein anderes Ergebnis gewünscht“, sagte de Maizière am Montag in Berlin. Er betonte aber: „Wir respektieren die Entscheidung.“ Die Schweiz müsse sich nun mit den Folgen auseinandersetzen. Quelle: dpa
SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi sprach von einem „historischen Unfall“. „Das Prinzip des freien Personenverkehrs ist aus unserer Sicht gekoppelt an das Prinzip des Binnenmarktes und des damit verbundenen zollfreien Warenhandels“, sagte Fahimi am Montag in Berlin. Die Schweiz habe einen Ausländeranteil von 23 Prozent und sei bekannt für ihre Weltoffenheit. „Sie müssen einen Umgang mit diesem aus unserer Sicht historischen Unfall finden.“ Bevor nun Gesetze geändert werden, sei es wichtig, mit der EU-Kommission zu reden. Quelle: dpa
Steinmeier sagte zu der Abstimmung: „Ich glaube, dass die Schweiz sich mit diesem Ergebnis eher selbst geschadet hat.“ Die Schweizer müssten wissen, „dass Rosinenpickerei im Verhältnis zur EU auch keine dauerhafte Strategie sein kann“. Neben den „vielen Vorteilen aus einer solchen Beziehung“ müssten auch „Lasten oder Nachteile, die sich daraus ergeben können“ getragen werden. Quelle: dpa
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sieht den Ausgang des Schweizer Votums auch als Signal für die deutsche Politik. „Es zeigt natürlich ein bisschen, dass in dieser Welt der Globalisierung die Menschen zunehmend Unbehagen gegenüber einer unbegrenzten Freizügigkeit haben. Ich glaube, das müssen wir alle ernst nehmen“, sagte der CDU-Politiker am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“. „Wir bedauern diese Entscheidung. Das wird eine Menge Schwierigkeiten für die Schweiz verursachen.“ Quelle: dpa
Die Europäische Kommission hat das Ja der Schweizer in ihrem Land „bedauert“. Das Votum „verletzt das Prinzip des freien Personenverkehrs zwischen der Europäischen Union und der Schweiz“, erklärte die Kommission am Sonntagabend in Brüssel. Sie kündigte an, sie werde nun die Folgen „für die Gesamtbeziehungen zwischen der Union und der Schweiz“ analysieren. In diesem Zusammenhang werde auch die Haltung der Schweizer Regierung zum Abstimmungsergebnis „berücksichtigt werden“, so in einer kurzen Mitteilung der Kommission. Quelle: dpa

Nun, mehr als ein halbes Jahr später, der Eklat. Zum ersten Mal in der zehnjährigen Geschichte von „Studio Friedman“, so der Sender N24, habe ein Gast die Talkshow vorzeitig verlassen. Luckes Gegenpart, der Grüne Manuel Sarrazin, kommentierte Luckes Entscheidung gegenüber „Handelsblatt Online“ süffisant. „Wer bei Friedman zusagt, muss sich kritische Fragen gefallen lassen“, so Sarrazin. Lucke aber habe anscheinend nicht auf die Frage von Friedman antworten wollen. „Dabei gibt es allen Grund, eine deutliche Distanzierung des Sprechers und Spitzenkandidaten der AfD von den Aussagen von Frau von Storch zu verlangen.“ Dass Lucke lieber aus der Sendung renne, als sich zu den Aussagen zu verhalten, sei bezeichnend für die AfD.

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Letztlich zeige sich damit wieder einmal, dass die AfD Probleme damit habe, einen „demokratischen Diskurs“ auszuhalten, wenn er mit kritischen Fragen an ‎ Programm und Aussagen verbunden sei. „Gegen Politik und Politiker zu polemisieren und gleichzeitig sich selber einer kritischen öffentlichen Debatte zu entziehen, ist peinlich“, zitiert „Handelsblatt Online“ Sarrazin.

Bernd Lucke tingelte wenige Tage später nach dem Eklat bei Friedman, dessen Sendung in der vergangenen Woche bereits aufgezeichnet wurde, durch die Talkshows der Republik, als sei nichts gewesen. Der AfD-Sprecher war am Sonntag bei Peter Hahne (ZDF) und am Dienstag bei Sandra Maischberger (ARD). Dort durfte er, oftmals, ausreden – und blieb bis zum Ende.

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