Nach Ansbach-Äußerung Linkspartei-Politiker fordert Wagenknechts Ablösung

Wegen einer umstrittenen Äußerung zum Terroranschlag in Ansbach gerät Sahra Wagenknecht unter Druck. Aus ihrer Partei wird schon der Ruf nach einer Ablösung laut. Nun rudert die Linksfraktionschefin zurück.

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Fühlt sich missverstanden: Sahra Wagenknecht, Vorsitzende der Fraktion Die Linke im Bundestag. Quelle: dpa

Der außenpolitische Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, Jan van Aken, hat den Rücktritt der Linksfraktionsvorsitzenden Sahra Wagenknecht gefordert. Hintergrund sind Äußerungen Wagenknechts zum Anschlag in Ansbach. Wagenknecht hatte die Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in einen Zusammenhang mit der Tat gestellt und Merkel indirekt eine Mitverantwortung den Anschlag gegeben.

Van Aken sagte dazu der „Berliner Zeitung“: „Wer Merkel von rechts kritisiert, kann nicht Vorsitzender einer Linksfraktion sein.“ Auch die Parlamentarische Geschäftsführerin der Linksfraktion im Bundestag, Petra Sitte, distanzierte sich von Wagenknecht. „Wir können alle klug reden“, sagte sie der Zeitung. „Aber keiner von uns hat eine Ahnung, was die Flüchtlinge zu Hause und auf ihrem Weg zu uns erlebt haben.“ Deutschland habe daher eine „humane und zivilgesellschaftliche Antwort“ zu geben, damit sie diese Erfahrungen verarbeiten können.

Die Linksfraktion habe das auch schon getan, indem sie ein Integrationskonzept entwickelt habe, so Sitte weiter. „Das bringen wir demnächst in den Bundestag ein.“ Die Forderung nach einer Stärkung der Polizei sei in diesem Forderungskatalog bereits enthalten, fügte Sitte hinzu. „Doch wir sollten uns jetzt nicht auf einen Punkt fokussieren.“ Der Obmann der Linksfraktion im Auswärtigen Ausschuss, Stefan Liebich, erinnerte via Twitter an das Parteiprogramm, in dem es heißt: „Schutzsuchende dürfen nicht abgewiesen werden.“

Wagenknecht hatte am Montag mit Blick auf Ansbach gesagt: „Die Ereignisse der letzten Tage zeigen, dass die Aufnahme und Integration einer großen Zahl von Flüchtlingen und Zuwanderern mit erheblichen Problemen verbunden und schwieriger ist, als Merkels leichtfertiges ‚Wir schaffen das‘ uns im letzten Herbst einreden wollte.“ Der Staat müsse jetzt alles dafür tun, dass sich die Menschen wieder sicher fühlen könnten.

Angesichts der großen Empörung in ihrer Partei über die Stellungnahme ruderte Wagenknecht wieder zurück. Am Dienstag erklärte sie auf Facebook, ihre Stellungnahme habe offenbar zu „Missverständnissen“ und „Fehlinterpretationen“ geführt. „Es ging mir weder darum, die Aufnahme von Flüchtlingen zu kritisieren noch alle in Deutschland lebenden Flüchtlinge unter Generalverdacht zu stellen“, versicherte sie: „Das habe ich weder gesagt noch gemeint.“


AfD lobt Wagenknecht

Sie betonte weiter, dass sie „rassistische Parolen und pauschale Verdächtigungen von Schutzsuchenden“ immer wieder mit aller Deutlichkeit kritisiert habe. Zugleich erneuerte Wagenknecht ihre Kritik an Merkel, die ihr „Wir schaffen das“ zwar „fleißig gepredigt“ habe, es „aber unterlassen hat, die notwendigen sozialen und politischen Voraussetzungen zu schaffen, die gebraucht werden, damit Integration gelingen kann“.

Die Vize-Chefin der Linkspartei, Janine Wissler, war zuvor auf Twitter deutlich auf Distanz zu Wagenknecht gegangen: „Ich teile diese Position nicht und halte sie für grundfalsch.“ Scharfe Kritik äußerte auch Katharina König, Linksfraktionsabgeordnete im Thüringer Landtag. „Forderungen der Rechtspopulisten posaunen, ihnen damit den Weg bereiten, das alles als links darstellen. Dinge, die Sarah Wagenknecht kann“, schrieb König auf Twitter.

Auch in Mecklenburg-Vorpommern, wo Anfang September ein neuer Landtag gewählt wird, reagiert die Linke verärgert. „Ich hoffe, niemand aus meinem wahlkämpfenden Landesverband lädt diese Genossin zu irgendwas ein“, schrieb der innenpolitische Sprecher der Linksfraktion im Schweriner Landtag, Peter Ritter, auf Twitter. Auch Vertreter von CDU und SPD reagierten empört.

Nur die AfD lobte Wagenknecht. „Ganz richtig“, kommentierte der Chef der AfD-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt, André Poggenburg, Wagenknechts Ansbach-Reaktion. „Schuld hat maßgeblich die verfehlte deutsche Flüchtlingspolitik.“ Und dann machte Poggenburg der Linksfraktionschefin ein Angebot: „Frau Wagenknecht, kommen Sie zur AfD.“

Einen AfD-Bezug hatte kürzlich auch SPD-Chef Sigmar Gabriel hergestellt und damit Überlegungen für ein rot-rot-grünes Bündnis auf Bundesebene eine Absage erteilt. „Frau Wagenknecht hält im Bundestag Reden gegen Europa, wie es sonst nur die AfD oder die Rechtsradikalen in Frankreich tun“, hatte Gabriel der „Bild“-Zeitung gesagt. „Wer so redet, entfernt sich eher von der Regierungsfähigkeit.“ Die Linkspartei müsse sich daher entscheiden, ob sie Gestalterin sein wolle oder Daueropposition. „Erst wenn sie das getan hat, wissen andere wie wir oder die Grünen, ob es sich lohnt, über Bündnisse nachzudenken.“

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