Nach den mutmaßlich islamistischen Anschlägen der vergangenen Woche setzt Bayern auf mehr Polizei und strengere Kontrollen von Flüchtlingen. „Wir werden alles Menschenmögliche tun, um den Bürgerschutz zu verbessern“, sagte Ministerpräsident Horst Seehofer am Dienstag zum Auftakt einer Klausur des bayerischen Kabinetts in Gmund am Tegernsee. „Besonnenheit ist wichtig, aber den Schutz durch den Staat ersetzt sie nicht.“
Zu den Anschlägen in Würzburg und Ansbach und dem Amoklauf eines 18-Jährigen in München sagte der CSU-Chef: „Die letzte Woche hat Bayern ins Mark getroffen.“
Der Attentäter von Ansbach hatte sich am Sonntagabend in die Luft gesprengt und dabei 15 Menschen verletzt, er selbst starb. Am vergangenen Montag hatte ein afghanischer Flüchtling in einer Regionalbahn in Würzburg Menschen mit einer Axt angegriffen. Am Freitag war ein junger Mann in München Amok gelaufen und hatte neun Menschen und sich selbst erschossen.
Chronik: Aufsehenerregende Anschläge in Deutschland
Mit Axt und Messer bewaffnet geht ein 17-jähriger Flüchtling aus Afghanistan in einer Regionalbahn bei Würzburg auf Fahrgäste los. Fünf Menschen werden verletzt, einige von ihnen lebensgefährlich. Polizisten erschießen den Attentäter, der sich in einem Video als Kämpfer der Terrormiliz IS bezeichnete.
Wenige Tage später sprengt sich ein 27-jähriger syrischer Flüchtling vor einem Musik-Festival in Ansbach mit einem Rucksack in die Luft. Er stirbt, 15 weitere Menschen werden verletzt. Auf einem Handy des Mannes gebe es eine Anschlagsdrohung als Video, sagt der bayerische Innenminister Joachim Herrmann. Der Täter kündige einen Racheakt gegen Deutsche an als Vergeltung, weil sie Muslime umbrächten.
Nach einer indischen Hochzeit verüben zwei junge mutmaßliche Salafisten aus Gelsenkirchen einen Bombenanschlag auf ein Gebetshaus der Sikhs in Essen. Drei Menschen werden verletzt. Die Ermittler gehen davon aus, dass es sich um einen gezielten Angriff mit terroristischem Hintergrund handelte.
Bei einer Kontrolle am Hauptbahnhof Hannover verletzt eine 15 Jahre alte Deutsch-Marokkanerin einen Bundespolizisten lebensgefährlich mit einem Messer. Nach Erkenntnissen der Bundesanwaltschaft war die Attacke eine „Märtyreroperation“ für die Terrororganisation Islamischer Staat (IS).
Ein junger Kosovo-Albaner erschießt auf dem Flughafen Frankfurt/Main zwei US-Soldaten und verletzt zwei weitere schwer. Der Mann gilt als extremistischer Einzeltäter. 2012 wird er zu lebenslanger Haft verurteilt.
Innenminister Joachim Herrmann (CSU) will der Bedrohung mehr Polizeipräsenz entgegensetzen. „Sicherheit braucht Stärke und Sichtbarkeit der Polizei“, sagte er. Deutschland liege im Fokus der Islamisten. Die Bedrohungslage habe sich in den vergangenen Jahren zugespitzt. Die Terrormiliz IS führe einen Kampf gegen „die Freiheit der westlichen Welt, unsere Art zu leben“.
Strengere Kontrollen für Flüchtlingsunterkünfte
Zum Schutz vor weiteren Anschlägen sollten Flüchtlingsunterkünfte besser kontrolliert werden, sagte Herrmann. Der Selbstmordattentäter von Ansbach habe in seinem Zimmer genügend Material gehabt, um eine zweite Bombe zu bauen. Es könne nicht sein, dass in einer staatlich finanzierten Unterkunft Material zum Bombenbau gesammelt werde und niemand darauf schaue. „Das ist mit unserem Sicherheitsverständnis nicht vereinbar“, sagte er.
Herrmann verlangte strengere Grenzkontrollen. „Eine Politik der offenen Grenzen darf es nicht geben.“. Schon bei der Erstkontrolle eines Flüchtlings an der Grenze müsse die Polizei die Identität klären. Falls das nicht möglich sei, weil zum Beispiel keine Ausweispapiere vorliegen, müsse der Betroffene zunächst an der Grenze bleiben. Bei bereits eingereisten Flüchtlingen, die noch nicht identifiziert wurden, müsse dies rasch nachgeholt werden, forderte Herrmann.
Straffällige Flüchtlinge sollten nach seinem Willen leichter abgeschoben werden können. „Wir müssen die Hürden einer Abschiebung nach entsprechenden Straftaten deutlich absenken.“ Dafür müssten möglicherweise sogar die europarechtlichen Rahmenbedingungen verändert werden. „Wir werden darüber in den nächsten Tagen zu reden haben.“
Seehofer sagte, jetzt dürfe es „keine Endlosschleife der Diskussion“ mehr geben. Die Menschen im Land seien verängstigt und benötigten eine klare Antwort des Staates. Bayern werde bei der Frage der Sicherheit „sehr, sehr entschlossen“ vorgehen. Hoffnung und Zuversicht ersetzten nicht das Handeln des Staates. In den jüngsten Taten sieht er eine „ganz neue Dimension des Terrors“. Der islamistische Terror sei in Deutschland angekommen. Damit müsse man sich nun intensiv auseinandersetzen - in der Prävention, aber auch in der Repression. „Jeder Terroranschlag ist einer zu viel.“