Die Linke übernimmt den Job mittlerweile. Die AfD teilweise auch.
Der überholte Gegensatz von rechts und links ist Voraussetzung für eine Art Querfront-Strategie, die ich für aussichtsreich halte. Die AfD erhält Zulauf von links, nicht nur im Osten, sondern auch im Westen. In Hamburg etwa sind mehr Wähler von der SPD als von der CDU zu uns gestoßen. Die Mitte und die kleinen Leute haben Angst, noch weiter zu abzurutschen, die Politik der EZB gibt ihnen ja auch Grund dazu. Und diese Politik, die die Reichen reicher und die Armen ärmer macht, wird von der SPD verteidigt. Das kann nicht gutgehen, geht ja auch nicht gut. Wenn die SPD so weitermacht, wird sie ihre Geschichte bald hinter sich haben.
Aber die AfD ist mit sich selbst nicht ganz einig, ob sie so eine Querfront-Strategie will.
Es gibt Spannungen zwischen den Ordo-Liberalen, die den Staat bloß schlank, und den Neo-Liberalen, die ihn auch möglichst schwach sehen wollen; zu denen gehöre ich nicht. Der Staat soll das tun, was seines Amtes ist, vor allem also für Gerechtigkeit sorgen. Das ist eine Aufgabe, die der Markt nur begrenzt erfüllen kann; gegenwärtig versagt er vor ihr in abenteuerlicher Art und Weise. Deswegen ist jetzt der Staat gefordert: Marktversagen muss der Staat, Staatsversagen der Markt korrigieren.
Der AfD-Europa-Abgeordnete Markus Pretzell wird in die Fraktion wechseln, zu der auch Marine Le Pen und der französische Front National gehören. Heißen Sie das gut?
Warum sollte ich? Ich habe Mühe, die Position der hiesigen Allerwelts-Parteien einigermaßen zuverlässig zu umreißen; wie sollte ich da bei auswärtigen Parteien zu einem begründeten Urteil kommen? Soweit ich sehe, hat sich der Front National in letzter Zeit bewegt; wie weit und wohin, kann ich zur Zeit nicht sagen.
Wird die AfD langfristig erfolgreich sein?
Die Forschungsgruppe Wahlen hat zwischen September 2014 und Mai 2015 in Deutschland Wahlberechtigte befragt, ob sie glauben, die AfD werde langfristig erfolgreich sein.
Quelle: ZDF Politbarometer, Statista
Im September 2014, also ungefähr ein Jahr nach dem knapp verpassten Einzug in den Bundestag, glaubten nur 56 Prozent der Befragten, die AfD werde langfristig nicht erfolgreich sein.
Zwei Monate später stieg der Anteil derer, die der AfD keinen langfristigen Erfolg zutrauten, auf 63 Prozent.
Im Januar 2015 glaubten 69 Prozent nicht an den langfristigen Erfolg der Euro-Kritiker um Bernd Lucke.
Im Februar 2015 prognostizierten 64 Prozent der AfD keinen langfristigen Erfolg.
Im Mai 2015 stieg (unter dem Eindruck der internen Personaldebatte?) der Anteil derjenigen, die der Alternative für Deutschland keinen Erfolg auf lange Sicht hin zutrauen, auf den in der Umfrage bisher höchsten Stand von 76 Prozent.
In Stuttgart kam es zu Demonstrationen der Antifa gegen die AfD. Manche AfD-Funktionäre wurden auch andernorts schon persönlich attackiert. Haben Sie irgendwelche Erfahrungen dieser Art gemacht?
Machen wir uns nichts vor. Die Antifa-Aktionen werden von allen Parteien, auch von der CDU, mit klammheimlicher Freude beobachtet. Die Antifa ist ihr Kettenhund, der nicht nur bellt, sondern auch beißt. Wenn es eng wird, lässt man ihn von der Leine und sagt dann, leider sei der Hund entlaufen. Persönlich habe ich aber noch keine Angriffe erlebt, auch in Stuttgart nicht. Der Wasserwerfer der Polizei stand demonstrativ vor der Halle. Das hat auch dem dümmsten Demonstranten klar gemacht: Wir meinen es ernst.