Nach „Euro Hawk“-Pleite Beteiligung an der Nato-Drohne könnte platzen

Berlin droht Ärger mit den Nato-Partnern. Bei einem Bündnis-Projekt mit Überwachungsdrohnen könnte es ähnliche Probleme wie in Deutschland geben. Solange die nicht geklärt sind, sollen keine weiteren Millionen fließen.

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Eine Drohne es Typs „Global Hawk“: Was bedeutet das „Euro Hawk“-Desaster für andere Drohnenprojekte? Quelle: dpa

Berlin Nach dem Desaster des Drohnenprojekts „Euro Hawk“ steht die deutsche Beteiligung an einem ähnlichen Drohnen-Überwachungssystem der Nato auf der Kippe. Die nach dem Aus für „Euro Hawk“ eingesetzte Arbeitsgruppe werde sich mit der Frage befassen, was der Stopp für andere Drohnenprojekte bedeute, sagte der Sprecher von Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) am Dienstag der Nachrichtenagentur dpa. Politiker von CDU, FDP und SPD hatten eine Art Moratorium verlangt, um weitere Fehlinvestitionen in Millionenhöhe zu vermeiden.

Bei einem Ausstieg Berlins aus dem Nato-Projekt dürfte auf die Bundesregierung erheblicher Ärger mit den Bündnispartnern zukommen. De Maizière hatte das Projekt der Aufklärungsdrohne „Euro Hawk“, das schon mehr als eine halbe Milliarde Euro gekostet hat, wegen Problemen bei der Zulassung für den europäischen Luftraum gestoppt. Die Opposition verlangt detailliert Aufklärung, warum dies nicht früher geschah, obwohl das Ministerium schon 2011 von diesen Problemen wusste.

Das Drohen-Debakel werde „nicht ohne parlamentarische Folgen bleiben“, sagte SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier. Auf die Frage nach einem Untersuchungsausschuss sagte er der „Oberhessischen Presse“ (Mittwoch): „Das ist nicht abschließend entschieden.“ De Maizière habe Glück, dass die Vorgänge nicht zur Mitte der Legislaturperiode bekannt geworden seien. „Ein Untersuchungsausschuss wäre dann zum Selbstläufer geworden.“

Auch der Chef des Deutschen Bundeswehrverbandes, Oberst Ulrich Kirsch, brachte einen Untersuchungsausschuss ins Spiel. De Maizière müsse schnellstmöglich aufklären.

Die Nato betonte in Brüssel, das von ihr geplante Bodenüberwachungssystem „Allied Ground Surveillance“ (AGS) mit fünf Drohnen des Typs „Global Hawk 40“ sei von der deutschen Entscheidung nicht betroffen. Ein Nato-Beamter sagte der dpa, das geplante System „beruht auf dem Kauf eines bestehenden einsatzfähigen Systems von der Stange“. Daher beträfen Änderungen des „Euro Hawk“-Programmes das Nato-Vorhaben nicht.

Der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Stefan Paris, sagte, de Maizière werde bei seinem für den 5. Juni geplanten Bericht vor dem Verteidigungsausschuss einen Vorschlag unterbreiten, wie mit dem Nato-Projekt weiter vorgegangen werden solle. „Wir haben das Thema mit im Blick.“


„Das Parlament wurde schlichtweg hinters Licht geführt“

Wie FDP-Verteidigungsexpertin Elke Hoff erklärte der CDU-Haushaltspolitiker Norbert Barthle, das Aussetzen des Drohnen-Projekts der Nato bis zur Klärung der Zulassungsfrage sei „eine logische Konsequenz“. Der „Rheinischen Post“ sagte er: „Das Projekt kann erst weiter finanziert werden, wenn geklärt ist, was passiert, wenn die Nato den europäischen Luftraum überfliegt.“

Gegen ein Ende der Drohnenprojekte Deutschlands wandte sich der CSU-Verteidigungspolitiker Florian Hahn. Zwar sei es richtig, die ausstehenden vier Flugzeuge vom Typ „Euro Hawk“ nicht mehr zu beschaffen. „Wir sollten allerdings nicht das ganze Projekt auf Eis legen. Der deutsche Anteil, die Aufklärungstechnologie, funktioniert sehr gut. Hier muss die Qualifizierung weitergehen. Sonst wäre noch mehr Geld verloren“, sagte Hahn der „Welt“ (Mittwoch).

Nach einer Studie des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages soll es rechtswidrig gewesen sein, dass der Bundesrechnungshof unter Hinweis auf US-Sicherheitsinteressen nur unvollständige und teils geschwärzte Unterlagen über das „Euro Hawk“-Projekt erhalten hat. „Vereinbarungen, die verhindern sollen, dass bestimmte Informationen an den Bundesrechnungshof herausgegeben werden, sind nichtig“, zitiert die „Bild“-Zeitung aus einer Analyse des Dienstes vom Januar.

Barthle sagte dagegen dem rbb-Inforadio: „Wir erleben es ja häufiger, dass Informationen an den Bundesrechnungshof geschwärzt werden, nämlich dann, wenn es sich um vertrauliche Fakten handelt, die andere Geschäftsbereiche, andere Unternehmen betreffen. Dann muss dort Vertrauensschutz gewährleistet sein.“

SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold sagte der „Stuttgarter Zeitung“ (Mittwoch), spätestens 2011 sei klar gewesen, dass der „Euro Hawk“ scheitern werde. „Das Parlament wurde schlichtweg hinters Licht geführt.“

Die Geschäftsführung der Euro Hawk GmbH rechnet mit dem Aus der Firma. Das Unternehmen sei gegründet worden, „um das Luftfahrzeug Euro Hawk in seinem Lebenszeitraum zu begleiten“, sagte der stellvertretende Geschäftsführer, Stefan Gramolla, der „Neuen Presse“ aus Hannover (Mittwoch). Wenn nun die Lebensdauer beendet werde, „wird auch die Euro Hawk GmbH frühzeitig beendet“. Das Unternehmen in Immenstaad am Bodensee wurde 2005 von den Rüstungsunternehmen EADS und Northrop Grumman gegründet und hat dem Bericht zufolge 25 Mitarbeiter.

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