Nachbesserungen am Sondierungsergebnis Union lehnt neuen Kompromiss mit der SPD ab

Den Kritikern der GroKo-Neuauflage gehen die Sondierungsergebnisse nicht weit genug. Einige SPD-ler wollen nun vor den Verhandlungen mit der Union mehr rausholen – doch CDU/CSU wehren sich dagegen.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Berlin Die Union macht der SPD für Koalitionsverhandlungen keine Hoffnungen auf weitere Zugeständnisse über den erzielten Sondierungskompromiss hinaus. „Was jetzt als Konsens auch der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, an dem gibt es nichts mehr zu rütteln“, sagte Unions-Fraktionschef Volker Kauder der „Bild“-Zeitung (Montag). „Auch uns ist einiges schwergefallen, nicht nur der SPD“, ergänzte der CDU-Politiker mit Blick auf Klagen aus der SPD, man habe wesentliche Punkte nicht durchsetzen können. „Die SPD hat doch viel erreicht. Darüber muss sie jetzt auch mal reden“, sagte Kauder.

Ähnlich äußerte sich CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer in der „Bild“-Zeitung: „Wir stehen zu dem Sondierungspapier, wir werden nicht den Fehler machen, die beschlossenen Punkte neu zu verhandeln.“ Auch Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) pochte in der Zeitung auf die Sondierungsvereinbarungen: „Wir wollen eine stabile Regierung bilden und das fängt mit verlässlichen Absprachen an.“

Dagegen sagte der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner dem Blatt: „Das Sondierungsergebnis kann nur die Basis sein für Koalitionsverhandlungen. Es wird jetzt so getan, als sei alles schon verhandelt - das ist es mitnichten.“ So sieht dies auch SPD-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel: „Wer glaubt, dass das Sondierungsergebnis automatisch der Koalitionsvertrag ist, der irrt sich natürlich“, sagte er am Sonntagabend in der ZDF-Sendung „Berlin direkt“.

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) äußerte sich im „Heute Journal“ des ZDF ähnlich: „Wir können ja nicht einfach nur den Sondierungsvertrag unterschreiben und sagen, das ist es. Nein, wir müssen in intensive Gespräche gehen, die Details müssen besprochen werden und natürlich müssen wir auch Themen, die uns besonders wichtig sind, dort auch noch einmal ansprechen können.“

Parteivize Natascha Kohnen kündigte in der „Passauer Neuen Presse“ (Montag) an: „Wenn der SPD-Parteitag uns mit Koalitionsverhandlungen beauftragt, werden wir sehr hart verhandeln.“ Koalitionsverhandlungen müssten „noch mal in die Tiefe gehen“. Baden-Württembergs SPD-Vorsitzende Leni Breymaier sagte der „Schwäbischen Zeitung“ (Montag): „Es muss möglich sein, noch an einigen Stellen nach zu schärfen.“

Michael Groschek, der Vorsitzende des mächtigen SPD-Landesverbands Nordrhein-Westfalen, warnte aber davor, zu hohe Erwartungen zu wecken. „Natürlich ist das Sondierungspapier kein fertiger Koalitionsvertrag. Wir dürfen aber nicht mehr versprechen, als wir am Ende halten können“, sagte er der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“ und dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Montag).Die Nachbesserungsforderungen der SPD betreffen zum Beispiel die Einführung der Bürgerversicherung und ein Verbot der Befristung von Arbeitsverträgen ohne sachlichen Grund.

Nachbesserungsforderungen kommen vereinzelt aber auch aus der Union. So beklagte Finanzstaatssekretär Jens Spahn in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“, dass im Sondierungspapier nicht viel zur Integration von Ausländern stehe. „In den Koalitionsverhandlungen muss das ein wichtiges Thema sein.“

Ob es nach den Sondierungen auch zu Koalitionsverhandlungen kommt, wird am nächsten Sonntag ein SPD-Parteitag in Bonn entscheiden. Der Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert, ein entschiedener Gegner einer neuen großen Koalition, hält das Ergebnis der Abstimmung für offen. „Wetten würde ich im Moment keine abschließen“, sagte er der „Berliner Zeitung“ (Montag). „Abseits der Parteiführung gibt es in der SPD aktuell ein extrem kontroverses Stimmungsbild“, ergänzte Kühnert in der „Rheinischen Post“. SPD-Vize Manuela Schwesig sagte der Zeitung, man brauche „noch viel Überzeugungsarbeit bis zum SPD-Parteitag“.

Sollte der SPD-Vorsitzende Martin Schulz beim Parteitag scheitern und kein Mandat für Koalitionsverhandlungen bekommen, kann er aus Sicht des Juso-Vorsitzenden im Amt bleiben und müsste nicht zurücktreten. „Ich werde Martin Schulz nicht dazu auffordern, egal, wie die Sache am Ende ausgeht“, sagte Kühnert der „Saarbrücker Zeitung“ (Montag).

Sollte es am Ende zu einer Neuauflage der großen Koalition kommen, hätte diese nach Einschätzung des stellvertretenden FDP-Vorsitzenden Wolfgang Kubicki nicht lange Bestand. „Ich glaube, dass wir im Jahr 2019 bereits Neuwahlen haben werden“, sagte er der „Neuen Zürcher Zeitung am Sonntag“.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%