Nebeneinkünfte Was der Bundestag verschweigt

Nebeneinkünfte von Bundestagsabgeordneten sind nichts Schlechtes. Das Problem ist: Je mehr ein Abgeordneter nebenbei verdient, desto weniger muss er verraten.

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Das sind die Top-Verdiener im Bundestag
Die Abgeordneten des Bundestags verdienen neben der Vergütung für ihr Mandat teilweise kräftig dazu. 65 Abgeordnete kämen auf mehr als 7000 Euro zusätzlich im Jahr, 28 von diesen sogar auf mehr als 15.000 Euro, berichtete die "Süddeutsche Zeitung" am Dienstag unter Berufung auf eine Untersuchung der Otto-Brenner-Stiftung der IG Metall. Die aktuellen Nebentätigkeiten und -einkünfte wurden am 21. März 2014 auf der Homepage des Bundestags veröffentlicht, wie ein Parlamentssprecher mitteilte. So geben vier Parlamentarier von CDU und CSU Einnahmen der höchsten Verdienststufe mit über 250.000 Euro an, wie zuerst „Spiegel Online“ berichtete. Hingegen gehörten nur zehn Prozent der Abgeordneten mit bezahltem Nebenjob der Opposition aus Linken und Grünen an. Darüber hinaus berechnet auch die Internet-Plattform „Abgeordnetenwatch.de“ regelmäßig, welche Parlamentarier bei den Nebenverdiensten in der aktuellen Legislaturperiode am meisten herausholen. . Quelle: dapd
So listet der CSU-Abgeordnete Peter Gauweiler für das Jahr 2013 exakt 19 Mandate als Rechtsanwalt auf - darunter „Mandat 02“ der Stufe 10 mit Einkünften über 250.000 Euro. Bei dem CDU-Abgeordneten Stephan Harbarth findet sich der Hinweis auf Stufe 10 in seiner Funktion als Vorstandsmitglied der Mannheimer SZA Schilling, Zutt & Anschütz Rechtsanwalts AG. Quelle: dpa
Der CSU-Politiker Hans Michelbach erreichte diese Stufe als Mitglied der Geschäftsführung der KIZ - MIBEG Group Unternehmensgruppe in Bad Soden-Salmünster. Der CDU-Abgeordnete Albert Stegemann verbuchte den Angaben zufolge Einkünfte von mindestens 250.000 Euro für eine Tätigkeit bei der Kooperative Milchverwertung eG in Emlichheim. Seit dieser Wahlperiode müssen Mitglieder des Bundestags Nebeneinkünfte in zehn statt früher drei Stufen veröffentlichen - bis hin zu Einnahmen von mehr als 250.000 Euro. Zuvor erfasste die höchste Stufe alle Einkünfte über 7000 Euro. Quelle: dpa
Der CDU-Außenpolitiker Philipp Mißfelder erreicht mit einer Tätigkeit für den teNeues Verlag in Kempen Stufe 8 mit Einkünften zwischen 100.000 und 150.000 Euro. Der frühere CDU-Forschungsminister Heinz Riesenhuber von der CDU verdient als Beiratsvorsitzender der Reclay Holding GmbH, Köln, mehr als 75.000 Euro. Laut „Spiegel Online“ haben drei CSU-Parlamentarier Stufe 6 angegeben - mindestens 50.001 Euro. Die Plattform Abgeordnetenwatch.de hat darüber hinaus ein Top-Ten-Ranking der bestverdienenden Bundestagsabgeordneten der letzten Legislaturperiode veröffentlicht. Platz zehn belegt... Quelle: AP
Platz 10: Unionsfraktionsvize Michael Fuchs ist schon seit vielen Jahren Mitglied des Deutschen Bundestages. Der CDU-Abgeordnete hat nach Berechnungen von Abgeordnetenwatch.de allein seit 2009 rund 155.500 Euro an Nebenverdiensten kassiert. Die eine Hälfte davon stammt aus seinen Beiratstätigkeiten, unter anderem für den Getränkehersteller Rhodius. Die andere Hälfte hat Fuchs Honorarvorträgen und weiteren Beratertätigkeiten zu verdanken. Quelle: dapd
Platz 9: FDP-Generalsekretär Patrick Döring hatte den SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück wegen seiner Nebeneinkünfte zuletzt noch scharf angegriffen und ihm indirekt Unehrlichkeit unterstellt. Dabei hat er selbst jährlich mehrere zehntausend Euro neben seinen Diäten als Abgeordneter verdient. Seit 2009 waren es insgesamt laut Abgeordnetenwatch.de mindestens 185.400 Euro, die vor allem aus seiner Aufsichtsratstätigkeit bei der Deutschen Bahn und seiner Beschäftigung als Vorstand bei einer Haustierkrankenversicherung stammen. Quelle: dpa
Platz 8: Der CDU-Politiker Norbert Schindler hat seit 2009 neben seinem Job als Abgeordneter zusätzlich noch 211.000 Euro eingenommen. Davon hat er 60.000 Euro als Aufsichtsrat des Bioethanol-Produzenten CropEnergies eingenommen. Daneben ist der Finanzpolitiker noch Präsident von vier verschiedenen Landwirtschaftsverbänden. Quelle: Presse

Da haben also in einem dreiviertel Jahr - seitdem der Bundestag nach der Wahl wieder zusammengetreten ist - dreizehn Abgeordnete mindestens 100.000 Euro oder deutlich mehr nebenbei verdient. Spitzenverdiener ist CSU-Mandatsträger Peter Gauweiler, der nach Auskunft des Onlineportals Abgeordnetenwatch mindestens 967.500 Euro einnahm.

Beim Anwalt Gauweiler dürfte es weit mehr gewesen sein, ebenso wahrscheinlich bei anderen Top-Nebenverdienern wie den Landwirten Albert Stegemann und Johannes Röring (beide CDU), dem Anwalt Stephan Harbarth (CDU) oder der Unternehmerin Dagmar Wöhrl (CSU), die in der Versicherungswirtschaft Geld verdient. Auch der frühere Kanzlerkandidat Peer Steinbrück (SPD), der Ärztefunktionär Rudolf Henke (CDU), der frühere Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) und der zuletzt mit Affären in die Medien gerutschte Außenpolitiker Philipp Mißfelder haben seit Ende 2013 deutlich mehr als 100.000 Euro jenseits des Bundestages verdient.

Top Ten der Nebeneinkünfte der Bundestagsabgeordneten

Die Informationen unterliegen jedoch einer schrägen Logik: Je mehr ein Abgeordneter nebenbei verdient, desto weniger Transparenz muss er gegenüber der Bundestagsverwaltung und den Wählern wagen. Daran haben auch die etwas schärferen Regeln nichts geändert, die seit dieser Wahlperiode gelten.

Zwar muss jeder Mandatsträger angeben, innerhalb welcher von zehn Stufen eine Nebentätigkeit bezahlt wurde. Wer oberhalb von 250.000 Euro landet, darf aber gänzlich im Ungefähren bleiben. Was Parlamentarier nebenher kassieren - sei es als Aufsichtsrat, als Berater, als Rechtsbeistand, Gewerkschaftssekretär oder Bauer -, ist immer noch ein gut gehütetes Geheimnis.

Da haben sich die Bundestagsabgeordneten leider als Lobbyisten in eigener Sache gut geschützt. Als sie den Fragen von Wählern und Journalisten nicht länger ausweichen konnten, gaben sie sich etwas strengere Richtlinien zur Veröffentlichung. Aber eben nur soweit, dass sie nun bildlich gesprochen nicht mehr wie eine ganzkörperverschleierte Frau in der Burka daherkommen, sondern inzwischen einen Hijab tragen.

Doch dem Interesse der Wähler dienen all die Schleier nicht. Zwei Fragen müssen Abgeordnete ihrem Wahlvolk beantworten und dafür braucht es neue Regeln:

Wieviel Honorar oder sonstiges Einkommen haben die Gewählten tatsächlich bekommen für alles, was sie jenseits ihres Mandats tun? Und welche Tätigkeit und welche Auftraggeber stecken dahinter?

Auch wenn Anwälte auf berufliche Verschwiegenheit pochen, wäre eine genaue Angabe ihrer Honorare aufschlussreich. Denn daran lassen sich Streitwert und Aufwand als juristischer Berater ablesen. Die Aufgabe und den Auftraggeber sollten Volksvertreter allerdings bis auf sehr wenige Ausnahmen grundsätzlich nennen müssen.

Wer das nicht über sich lesen mag, sollte sich vorher überlegen, ob ein Auftrag mit dem Job als Abgeordneter verträglich ist. Über Interessenkonflikte sollte die Öffentlichkeit entscheiden - und nicht jeder Abgeordnete still für sich alleine.

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