Nebenjobs von Beamten Staatsdiener haben Nebenverdienste in großem Stil

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Geld fürs Gesetz-Erklären

Wie gefragt der Rat der Beamten ist, zeigt ein Besuch beim Kölner Steuerforum Ende April. Knapp 300 Juristen sind in den Börsensaal gekommen, den größten Versammlungsraum des Hauses. Darunter auch Rolf Möhlenbrock, BMF-Unterabteilungsleiter. Der Gastgeber macht in seiner Vorstellungsrede klar, was man sich von Möhlenbrock verspricht: „Wir hoffen natürlich, dass Sie uns ein paar Einblicke geben, was im BMF dazu geplant ist.“

In Köln geht es um ein heikles Thema: internationale Steueroptimierung für Großkonzerne. Um dagegen vorzugehen, hat die OECD Blaupausen im Rahmen der BEPS-Initiative gegen aggressive Steuergestaltung und gegen Gewinnverschiebungen erarbeitet, welche die Staaten nun in Gesetze gießen sollen. Je früher der Steuerberater diese Gesetze kennt, desto eher kann er sich auch Gedanken über neue Umwege machen.

Zwar darf Unterabteilungsleiter Möhlenbrock für seinen Auftritt kein Geld einstreichen.

Aber was ist mit anderen, hierarchisch niedrigeren Beamten? Auch sie können sich vor Einladungen kaum retten, und oft winken dabei Honorare. Schließlich geht es um wertvolle Informationen, um Beziehungspflege und die Einwirkung auf Gesetzesvorhaben. Manchmal geht es auch nur ums Verstehen komplizierter Vorschriften. Besagter Topverdiener im BMF profitierte auch davon, dass er als Mitherausgeber eines kommentierenden Standardwerkes das diffizile Umsatzsteuerrecht erklärte.

Gold wert für Lobbyisten

Besser wäre jedoch, die Beamten würden Gesetzesvorlagen und Durchführungsbestimmungen so formulieren, dass sie auch einigermaßen versierte Steuerexperten zweifelsfrei verstünden. So aber schlagen Beamte Kapital aus ihrer amtlichen Arbeit. „Wenn Beamte Gesetze aus ihrem Zuständigkeitsbereich erklären“, sagt der Grünen-Abgeordnete Schick, „so ist das eindeutig Teil ihrer dienstlichen Arbeit – und dann muss das Honorar ans Ministerium abgeführt werden.“

Deutliche Kritik übt Timo Lange von LobbyControl: „Die Bedeutung von Beamten darf man nicht gering schätzen“, meint Lange. Schließlich seien sie es, die die meisten Gesetzentwürfe zunächst schreiben müssten. „Ein guter Draht ins Ministerium ist für Lobbyisten Gold wert“, sagt Lange. „Wer Beamte zu bezahlten Vorträgen einlädt, will nicht nur Expertise bekommen, sondern Kontakte knüpfen.“

Selbst Beamtenvertreter äußern Bedenken. „Bezahlte Auftritte von Beamten auf Fachkongressen halte ich allgemein für schwierig“, sagt Hans-Ulrich Benra vom Vorstand des dbb Beamtenbundes.

Gerade bei der Vergütung von Referententätigkeiten gebe es zweifellos eine Grauzone, so Benra.

Um den Ruch von Kumpanei, Korrumpierung oder Korruption zu vermeiden, möchte der auf Integrität bedachte Bundesfinanzminister das Beamtenrecht schärfen. Schäubles Beamte führen Gespräche mit dem von Thomas de Maizière (CDU) geführten Bundesinnenministerium, sagt eine BMF-Sprecherin: „Unsere Stoßrichtung ist klar: Wir wollen die Nebentätigkeiten strikter handhaben.“ Am liebsten möchte Schäuble die Regel für Spitzenbeamte, dass sie Honorare für Vorträge und Aufsätze ans Haus abführen müssen, auf alle Beamten ausweiten.

Nicht nur auf Bundesebene gehören Nebentätigkeiten von Staatsdienern zum Alltag, wie eine Anfrage der WirtschaftsWoche bei Finanz- und Innenministerien der Bundesländer ergab. Zwar verweigerten viele Ministerien die Antwort, unter Verweis auf Datenmangel oder Datenschutz.

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