Netzwerkdurchsetzungsgesetz Maas erteilt Facebook eine Lektion - und macht einen Fehler

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Unternehmen sollten nicht urteilen müssen, was Hass ist

Denn er überlässt es den Unternehmen, selbst zu entscheiden, was gelöscht wird und was nicht. Die Unternehmen werden sich bemühen, gute Dienstleister und Mitarbeiter zu finden, die die gesetzlichen Vorgaben einhalten. Im Zweifel löschen sie aber lieber einen Eintrag zu viel, um bloß ein gutes Zeugnis für ihr Beschwerdemanagement zu erhalten.

Machen wir es konkret: In dieser Woche hat US-Präsident Donald Trump eine amerikanische Moderatorin beleidigt und verhöhnt. Die „verrückte“ Journalistin habe ihn unbedingt sprechen wollen, obwohl ihr Gesicht nach einem Face-Lifting noch geblutet habe. Es war eine widerwärtige Attacke auf eine Journalistin – manche würden gar argumentieren, das war ein Kommentar des Hasses. Ist er das? Womöglich, es gibt Argumente dafür und dagegen.

Tritt ein solcher Fall künftig in Deutschland auf (denn nur hier muss gelöscht werden), kommen die Unternehmen ganz schön in die Bredouille. Es ist falsch, sie beurteilen zu lassen, was Hass und Volksverhetzung ist. So eindeutig manche Fälle sind („Juden ins Gas“), so wenig eindeutig sind andere. Und selbst wenn man zur Überzeugung käme, die Trump-Tweets seien hasserfüllt. Sollten sie wirklich gelöscht werden? Nicht alles, was wir politisch ablehnen, sollte zensiert werden. Eine demokratische Gesellschaft braucht die Debatte – auch gegen Extremismus.

Das Unternehmen Facebook in Zahlen

Der Justizminister hätte gewusst, wie es besser geht. In Deutschland haben wir im Jugendschutz ein System zur freiwilligen Selbstkontrolle etabliert, das gut funktioniert. Hier checken 16 Landesmedienanstalten umstrittene Inhalte. Eine öffentlich-rechtliche Institution nach Vorbild der Landesmedienanstalten wäre auch die richtige Lösung für Hass in sozialen Netzwerken gewesen – finanziert von den Unternehmen und vom Staat. Eine solche Institution sollte prüfen und eine Empfehlung zum Löschen aussprechen – oder eben auch nicht. Und wenn es besonders kritisch wird, sollte im Zweifel ein Richter entscheiden.

Hass und Volksverhetzung im Netz können wir so nicht verhindern. Doch mit dem heute beschlossenen Maas-Gesetz, akzeptiert der Gesetzgeber, wenn die Meinungsfreiheit in sozialen Netzwerken eingeschränkt wird. Und all das nur, damit der Justizminister einigen US-Unternehmen eine Lektion erteilen kann. Das ist es nicht wert.

von Marc Etzold, Gregor Peter Schmitz, Cordula Tutt, Silke Wettach

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