Neue Fanpage Die freundliche Facebook-Propaganda der Bundesregierung

Bisher hat sich die Bundesregierung auf Facebook rar gemacht. Nun hat sie eine eigene Fanpage. Unermüdlich beantwortet ein Social-Media-Team des Bundespresseamts die Fragen der Nutzer - und macht bislang einen guten Job.

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Seit ein paar Tagen hat die Bundesregierung eine eigene Fanpage bei Facebook.

Berlin se

Seit ein paar Tagen ist nun also auch die Bundesregierung auf Facebook angekommen. Regierungssprecher Steffen Seibert stellte die Seite in seinem besten „heute“-Duktus vor. Das Social-Media-Team antwortet seither unermüdlich auch auf Fragen von Verschwörungs-Freunden und Mini-Videos ermöglichen interessante Blicke hinter die Kulissen. Man sollte aber nicht vergessen, dass man hier nur Dinge sieht, von denen die Regierung möchte, dass sie gesehen werden.

Das Begrüßungsvideo von Regierungssprecher Steffen Seibert ist untertitelt und somit barrierefrei. Ein Hinweis auf die Umgangsformen durften nicht fehlen und los ging’s. Die Kanzlerin tummelt sich schon länger auf YouTube, der Regierungssprecher ist als @RegSprecher eifrig bei Twitter unterwegs. Nur Facebook fehlte noch im Social-Media-Dreiklang. Nun ist die Seite seit einigen Tagen online und das Team dahinter macht einen guten Job. Wird die Regierung direkt angesprochen, findet man fast immer eine Antwort der Redaktion. Selbst bei den erwartbaren Anwürfen und Verschwörungstheorien bleibt das Social-Media-Team gelassen freundlich. Klar, mit solchen Äußerungen war zu rechnen, daraufhin wurde im Vorfeld gewiss geschult.

Besonders heiß diskutiert wurde in den ersten Tagen – wenig überraschend – die Ukraine-Krise. Auch eine vermeintliche Abhängigkeit Deutschlands von den USA wurde ausgiebig thematisiert. Wenn es sich anbot, leistete sich die Facebook-Redaktion der Regierung sogar einen Anflug von Humor. Natürlich gekennzeichnet mit Smiley, damit es keine Missverständnisse gibt.

Fast schon reflexartig kommt immer wieder die Kritik, die Regierung würde Facebook-Kommentare löschen oder -Likes unterdrücken. Die Redaktion reagiert freundlich mit den immergleichen Hinweisen.

Spannend wird es sein zu beobachten, ob die Redaktion die Antwort-Frequenz so hoch halten kann wie in den ersten Tagen. Denn dass die Zahl der kritischen und unsinnigen (beides muss nicht immer zugleich zutreffen) Kommentare abnimmt, damit ist nicht zu rechnen. Seibert und das Bundespressamt konnten aber bei YouTube und Twitter schon einiges an Social-Media-Erfahrung sammeln und sie werden es sich gut überlegt haben, bevor sie sich in das tiefe Tal der Supertrolle bei Facebook gewagt haben.

Rein inhaltlich ist die Facebook-Seite der Regierung vor allem solide. Eine Galerie mit den bisherigen Bundeskanzlern wurde eingepflegt und wichtige historische Daten aus der Geschichte der Bundesrepublik. Der Hauptaugenmerk liegt aber zurecht auf aktuellen Ereignissen und der Moderation von Kommentaren. Noch etwas macht das Bundespresseamt sehr geschickt: das Einbinden von Kurzvideos. So gibt es vom Besuch der Kanzlerin im Vatikan eine Reihe Mini-Videos. Einmal aus dem Cockpit des Regierungsfliegers bei der Landung in Rom, einmal aus der Staatslimousine heraus gefilmt bei der Anfahrt, einmal der Rundgang der Kanzlerin durch die Vatikanischen Museen.

Der Effekt dieser Videos ist erstaunlich. Es wird der Eindruck erzeugt, dass man ganz nah dran ist an der Kanzlerin. Die Aufnahmen vermitteln die immer wieder verlangte Authentizität und zeigen Politik jenseits der sattsam bekannten Korrespondenten-Schwenks der „normalen” Medien. Das ist nicht ungefährlich für Medien, die hier in der Kommunikation zwischen Regierung und Volk einfach mal ausgeblendet werden, und auch mit Vorsicht zu genießen. Denn natürlich sollte man im Hinterkopf behalten, dass die Regierung sich hier selbst vortrefflich inszeniert und nur gezeigt wird, was Merkel & Co. zeigen wollen. Echte Nähe ist das also nicht, es ist nur eine scheinbare Nähe. Es ist auf eine gewisse Art eine sanfte Social-Variante von Propaganda. Das sollte man bei aller Berechtigung für eine solche Regierungs-Seite bei Facebook nicht vergessen.

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