Neue SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi – eine riskante Erneuerung

Die designierte SPD-Generalin Yasmin Fahimi kann sich für die Partei als Glücksfall erweisen. Oder als großer Reinfall. Wenn der Parteichef Sigmar Gabriel mit der Energiewende ausgelastet ist, muss die in Berlin unerfahrene Fahimi die SPD alleine steuern.

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Yasmin Fahimi, Ressortleiterin Politische Planung beim Vorsitzenden der Industriegewerkschaft Bergbau Chemie und Energie ( IGBCE ), soll SPD-Generalsekretärin werden. Quelle: dpa

Eine Wahl-Analyse, auf die sich quasi alle in der SPD einigen können, kann in einem Satz zusammengefasst werden: Die Partei sieht in der Öffentlichkeit zu alt aus, zu männlich, zu grau und ja – auch zu traditionell. Besonders laut wird diese Kritik am Erscheinungsbild allerdings von Männern geäußert, die selbst ziemlich alt, grau und traditionell aussehen und keine Anstalten machen, ihre eigenen Posten zu räumen.

Man kann deshalb die Entscheidung, die Gewerkschaftsfunktionärin Yasmin Fahimi zur neuen Generalsekretärin zu ernennen, als konsequenten Schritt bezeichnen. Allerdings ist es nicht so, dass Parteichef Sigmar Gabriel mal eben seiner Partei die Moderne verordnete. Sie wurde auch ihm verordnet. Denn Gabriels Favorit für den Posten war eigentlich der schleswig-holsteinische Landesvorsitzende Ralf Stegner: links, scharfzüngig – und männlich. Doch ausschließlich sendungsbewusste Herren an der Spitze von Partei und Fraktion, dagegen begehrten die SPD-Frauen auf.

Stattdessen soll also die 46-jährige Fahimi am 26. Januar zur neuen Frontfrau gewählt werden. Eine in jeder Hinsicht spannende und mutige Wahl. Weil sie mit großen politischen Risiken behaftet ist. Fahimi ist die Tochter eines Iraners und einer Deutschen, Lebensgefährtin des IG BCE-Gewerkschaftschefs Michael Vassiliadis und in der IG BCE in der Grundsatzabteilung tätig. Fahimi, die seit fast drei Jahrzehnten SPD-Mitglied ist, kennt sich also bestens aus im Bereich Arbeitsmarkt, der in den kommenden Jahren eine der zentralen Baustellen der großen Koalition sein wird. Auch in den Details der Energiewende ist sie beschlagen. Als Frau mit ausländischen Wurzeln strahlt sie außerdem genau die Frische und Modernität aus, die sich Gabriel für die SPD wünscht, um endlich wieder Wahlen zu gewinnen.

Fachlich, persönlich und organisatorisch bringt Fahimi einiges für ihre neue Aufgabe mit. Allerdings: Gabriel wird in den kommenden Jahren als Vizekanzler und in seinem Amt als Wirtschaftsminister von der Reform der Energiewende in Beschlag genommen werden. Vielleicht mehr als ihm lieb sein kann. Umso größere Bedeutung als Gesicht, Stimme und Projektionsfläche der Partei kommt der Generalsekretärin zu. Doch genau im politischen Kerngeschäft in der Hauptstadt hat Fahimi so gut wie keine Erfahrung aufzuweisen.

Sie kennt das Willy-Brandt-Haus nicht von innen, das zudem nach der desaströsen Wahl ziemlich daniederliegt. Sie hat keinerlei Erfahrung in der Koordination der Partei mit ihren eigenwilligen Landesverbänden. Auch der mediale Zirkus Berlins wird jetzt über sie kommen. Gerade, weil die Ministerriege zumeist in Regierungsloyalität eingebunden sein wird, müssen Fraktionschef und Generalsekretärin das Profil der SPD nach außen hin schärfen und sich, wenn nötig, auch von der Koalition dosiert absetzen können. Ob Fahimi dieses schwierige Spiel überzeugend beherrscht, wird sie erst beweisen müssen.

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