Morgen, am 24. Juni müssen sie in der SPD ganz stark sein. Wer genau tapfer sein muss, das steht noch nicht fest: Sind es die Parteilinken? Oder alle anderen? Am Freitag stellt Thorsten Schäfer-Gümbel seiner Partei die Gretchenfrage, wie sie es mit der Vermögensteuer hält. Der Parteivize und hessische SPD-Fraktionschef hat sich von Steuerfachleuten ein neues Konzept für den Umverteilungs-Evergreen schreiben lassen. Eine eigens von ihm anberaumte Experten-Anhörung in den Wiesbadener Landtag soll nun ein für alle Mal Antwort geben: Kommt man an die Reichen dieser Republik heran ohne Familienunternehmen zu schröpfen – und Jobs zu zerstören?
SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte gerade erst Sympathie für die umstrittene Reichensteuer signalisiert – aber nur, wenn es wider Erwarten solch einen goldenen Weg gibt. Egal also, ob die Antwort Ja oder Nein lautet, sie dürfte danach Eingang ins SPD-Wahlprogramm finden.
Steuern: So viel Geld nimmt der Bund bis 2020 ein
Nach Informationen des Bundesfinanzministeriums hat der Bund im vergangenen Jahr (2015) 281,6 Milliarden Euro durch Steuergelder eingenommen.
Quelle: BMF (Arbeitskreis Steuerschätzungen), Stand: Mai 2016
Für das Jahr 2016 prognostizieren Experten noch etwas höhere Steuereinnahmen des Bundes als im Vorjahr, nämlich 290,1 Milliarden Euro.
2017 soll die 300-Milliarden-Euro-Marke überschritten werden. Die geschätzten Steuereinnahmen des Bundes liegen bei 301,8 Milliarden Euro.
Für das Jahr 2018 sagt der Arbeitskreis "Steuerschätzung" 315,7 Milliarden Euro Steuereinnahmen des Bundes voraus.
328,2 Milliarden Euro werden es - laut Expertenschätzungen - im Jahr 2019 sein.
2020 werden die Steuernahmen des Bundes bei schätzungsweise 339,9 Milliarden Euro liegen.
Und für gehörig Streit sorgen: Denn entweder müssten die Linken sich wieder einmal von ihrem Lieblingsprojekt verabschieden; oder wirtschaftsnahe Genossen einen Klassenkampf-Wahlkampf vertreten.
Auf den Showdown in Wiesbaden schauen die Genossen aber auch deshalb so gebannt, weil Schäfer-Gümbel gemeinsam mit dem Bundestagsfraktionsvize Hubertus Heil an entscheidender Stelle sitzt: das Duo bereitet gemeinsam das Wahlprogrammkapitel zur Steuer- und Wirtschaftspolitik vor. Beide haben zudem einen engen Draht zu Gabriel, dem mutmaßlichen Kanzlerkandidaten.
Rund 60 Genossen, Wissenschaftler, Gewerkschafter und Ökonomen tummeln sich in der AG, die bis Ende Oktober einen Entwurf abliefern will – pünktlich zum dazu gehörigen Programmkongress der Partei. Der Ehrgeiz ist ausgesprochen hoch. Nicht weniger als „neue Perspektiven für die ganze Sozialdemokratie“ will Schäfer-Gümbel formulieren, sagte Schäfer-Gümbel der WirtschaftsWoche.
Kluft in Sachen Vermögenssteuer
Wenig überraschend werden mehr Investitionen in Bildung und Infrastruktur klassische Kern- Forderungen des Konzepts sein. Überraschender wäre da schon ein besonderer Fokus auf Gründer: „Wir müssen Forschung und Innovation besser fördern – am besten gezielt bei Start-ups“, fordert Heil gegenüber der WirtschaftsWoche. „Der Staat sollte gerade deren Forschungsbudgets steuerlich unterstützen.“
Doch vieles spricht dafür, dass die heftigste und meistbeachtete Debatte sich wieder um die Frage drehen wird, wer am Ende mehr Milliarden für Schulräume, kostenlose Kitas, Straßen und Breitbandnetze finanzieren soll.
Denn neue Schulden soll es nicht geben.
Als sich die AG vor einigen Wochen zu einem Auftakt-Workshop am Krossinsee im lieblichen Brandenburg zusammenfand, war die Stimmung im Großen und Ganzen gut und konzentriert, doch die Kluft in Sachen Steuerpolitik war offensichtlich: Auf der einen Seite SPDler, die die Vermögensteuer als „Bullshit“ abtun – und auf der anderen jene, die sie lieber gestern als heute wiederbeleben würden. Allen Problemen zum Trotz.
Vieles spricht dafür, dass die SPD 2017 versuchen wird, den Graben mit einem Sowohl-als-auch zu überbrücken.
Checkliste: Diese Belege helfen Steuern sparen
Lohnsteuerbescheinigung
Bescheinigung über
- Arbeitslosengeld/ Elterngeld/ Kurzarbeitergeld
- Krankengeld / Mutterschaftsgeld
bei Rentenbezug (z. B. Alters-, Erwerbsunfähigkeits-, Witwen-, private Versicherungsrenten)
- bei erstmaligem Bezug den Rentenbescheid
- jährliche Rentenbescheinigung
Bescheinigung über vermögenswirksame Leistungen (z. B.: Bausparvertrag): Anlage VL
Belege über Nebeneinkünfte
Quelle: Aktuell Lohnsteuerhilfeverein e.V.
Jahreszinsbescheinigungen, etwa von Bausparkassen, Banken, Fondsgesellschaften
Steuerbescheinigungen bei einbehaltener Zinsabschlagsteuer (Abgeltungsteuer)
Belege über Verkauf von Aktien / Grundstücken / Vermögenswerten etc.
bis 14 Jahre: Betreuungskosten z. B. Gebühren für Kindergarten, -hort, Babysitter, Tagesmutter
über 18 Jahre: Ausbildungs- und Lehrverträge, Immatrikulationsbescheinigung bei Studium
im Ausland: Familienstandsbescheinigung
Belege über Schulgeld, Krankenversicherungsbeiträge, Lohnsteuerbescheinigung des Kindes, Waisenrentenbescheinigung
Entlastungsbetrag für Alleinerziehende
Gewerkschaftsbeiträge, Unfallversicherung, Rechtschutzversicherung
Bewerbungskosten (z. B. Kopier-, Porto-, und Fahrtkosten, Bewerbungsmappen)
Reisekosten: Erhöhte Fahrtkosten, Verpflegungspauschalen, Unterkunftskosten (z. B. Kraftfahrer, Bauarbeiter, Außendienst)
Winterbeschäftigungsumlage
Fahrten Wohnung - Arbeitsstätte, Auswärtstätigkeit
- Entfernungs-km, Anzahl Fahrten
- Sammelbeförderung z. B. Werkbus (TÜV-Bericht / ASU / Inspektionsrechnungen immer aufheben wg. km-Stand)
- Unfallkosten PKW
Arbeitsmittel (z. B. Computer, Druckerpatronen, Büromaterial, Werkzeug, Berufskleidung, Fachliteratur)
doppelte Haushaltsführung (Miete, Mietnebenkosten, notwendiger Hausrat, Zweitwohnungssteuer)
Steuerberatungskosten
Fortbildungskosten (Kurs- und Prüfungsgebühren, Kosten für ein Zweitstudium)
Arbeitszimmer (sofern der Arbeitgeber keinen geeigneten Arbeitsplatz stellt)
beruflich veranlasste Umzugskosten (Spediteur, Umzugshelfer, Renovierungskosten, Anschlussgebühren, etc.)
rankheitskosten (z. B. Medikamente, Zahnarzt, Brille, Krankenhausaufenthalt, Kur, Physiotherapie)
Fahrtkosten zum Arzt (Anzahl der Fahrten und km)
Scheidungskosten / Beerdigungskosten
Kosten für Haushaltshilfe
Nachweis über Behinderung (Behindertenausweis, Bescheinigung vom Versorgungsamt, Rentenbescheid über Unfallrente)
Unterhaltsleistungen Kinder / Ehefrau / Eltern / Großeltern / Lebensgefährte/in
Krankenversicherungsbeiträge für unterhaltene Personen
Riester-Rente
Rürup-Rente (Basisrente)
Versicherungsbeiträge (z. B. Lebens-, Haftpflicht-, Kfz-, Unfallversicherung)
Krankenversicherung: Nachweis Basistarif, Beitragserstattungen
Spendenbescheinigungen
Haushaltsnahe Dienstleistungen:
Reinigung, Gartenpflegearbeiten (wie z. B. Rasenmähen oder Heckenschneiden), Schneeräumen
Umzugsdienstleistungen (Umzugsspedition)
Pflege von kranken Personen
Handwerkerleistungen:
Arbeiten an Haus oder Wohnung, Reparatur und Wartung von Gegenständen, Kontrollaufwendungen (z. B. Gebühr für den Schornsteinfeger)
Hinweis: Alle Arbeiten müssen im oder am Haus bzw. an Wohnung vorgenommen worden sein
Voraussetzungen:
Begünstigt ist nur der Arbeitslohn, einschließlich der in Rechnung gestellten Maschinen und Fahrtkosten - keine Leihgebühr für Maschinen
Hinweis: Kontoauszüge müssen die Bezahlung per Überweisung belegen
Vermieter:
- Kaufvertrag, Makler-, Auflassungsgebühr, Grunderwerbssteuer, Notarkosten
- Bau-, Reparaturrechnungen, Zinsbescheinigungen
Sonderabschreibung:
- für ein Baudenkmal, Gebäudesanierung
"Wir brauchen ein gerechteres Steuer- und Abgabensystem, damit unser Staat fairer finanziert wird. Das heißt: die Leistungsträger mit kleinen und mittleren Einkommen müssen entlastet werden, aber andere können mehr beitragen“, sagte Schäfer-Gümbel der WirtschaftsWoche.
Immerhin: Das klare Signal für Entlastungen wäre eine erste Lehre aus der desaströsen Steinbrück-Kampagne 2013, die nur Belastung versprach. Zumal die Genossen sehr intensiv und wohlwollend über die Sozialabgaben, etwa mittels Freibeträgen, nachdenken. Dafür dürfte die Abgeltungsteuer Geschichte sein – und ein höherer Spitzensteuersatz in der Einkommensteuer nicht tabu. Wenn denn die Vermögensteuer ausfällt.