Norbert Lammerts letzte Bundestagsrede „Hier schlägt das Herz der Demokratie“

Norbert Lammert hält seine letzte Rede als Bundestags-Präsident. Zum Abschied warnt er vor Fundamentalisten und wirbt um die Fähigkeit zum Konsens.

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Lammert warnt vor einem Ausbluten der Demokratie

Er gilt als einer der besten Redner in der deutschen Politik und war für Viele ein Kandidat auch für das höchste Amt im Staate. Jetzt hat sich Bundestagspräsident Norbert Lammert aus dem Parlament verabschiedet - und warnte in einer emotionalen Abschiedsrede vor einem „Ausbluten“ der Demokratie und einem allzu laxen Umgang mit dem Grundgesetz.

Nach zwölf Jahren im Amt tritt Lammert bei der Bundestagswahl nicht noch einmal an. Bei seinem Abschied am Dienstag wirbt der CDU-Politiker einmal mehr für ein selbstbewusstes Parlament, eine stärkere Kontrolle der Regierung sowie die Sicherung der Rechte auch parlamentarischer Minderheiten. Seit 2005 hat sich der CDU-Politiker als Inhaber des zweithöchsten Amtes im Staate Anerkennung über Parteigrenzen hinweg verschafft - und wird mit Beifall und stehenden Ovationen von Opposition und Regierungslager verabschiedet.

Bei der letzten Plenarsitzung knapp drei Wochen vor der Bundestagswahl rief Lammert die Bürger eindringlich auf, ihre Stimme abzugeben und das „Königsrecht einer Demokratie“ ernst zu nehmen. Dieses Recht sei weder der Normalzustand in der deutschen Geschichte noch in der heutigen Welt: „Die Demokratie steht und fällt mit dem Engagement ihrer Bürgerinnen und Bürger.“ Das sei die wichtigste Lektion, die er in seinem politischen Leben gelernt habe. Die Deutschen wüssten aus ihrer Geschichte, dass auch Demokratien ausbluten können, wenn sie die Unterstützung der Menschen verliere.

Lammert zieht sich nach 37 Jahren aus dem Bundestag zurück. Der 68-Jährige kandidiert nicht wieder für die Wahl am 24. September. Er gehört dem Bundestag seit 1980 an. Er verabschiedete sich aus dem Parlament mit einer weiteren Bitte: Künftige Abgeordnete sollten die Fähigkeit zum Konsens wahren - über Parteigrenzen hinweg und den „üblichen Konkurrenzreflex“ hinaus: „Bewahren Sie sich bitte, wenn eben möglich, die - nach den Abstürzen unserer Geschichte - mühsam errungene Fähigkeit und Bereitschaft, über den Wettbewerb der Parteien und Gruppen hinweg, den Konsens der Demokraten gegen Fanatiker und Fundamentalisten für noch wichtiger zu halten.“

Zur Rolle der rechtspopulistischen AfD, die nach aktuellen Umfragen erstmals auch in den Bundestag einziehen wird, ging Lammert nicht direkt ein. Auf seine Initiative hin war die Geschäftsordnung des Bundestags aber so geändert worden, dass kein AfD-Politiker Alterspräsident werden und die Eröffnungsrede halten kann.

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