NRW-Wahl Warum Laschet nicht gewinnen wird

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Kaum Drang zum Tor?

Doch Laschet zeigt bislang kaum Drang zum Tor, er gilt eher als gemütlich. Böse Stimmen sagen: „faul“. Offiziell den Wahlkampf beginnen will Laschet erst am 23. April, dann ist die SPD im Land schon seit drei Wochen unterwegs. Auch mit dem Internet, als Mobilisierungsinstrument nicht ganz unwichtig, mag sich der Kandidat kaum selbst beschäftigen. „Im Vergleich zur Konkurrenz denke ich, dass wir in den sozialen Medien gut aufgestellt sind. Gerade bei der Jungen Union haben wir da sehr gute Leute.“

Oft scheint Laschet nicht einmal recht auf dem Laufenden, womit seine Partei wirbt. Seit gut einer Woche hängen die Plakate der Parteien in NRW, auf einem der Union steht: „Mehr Polizei, mehr Sicherheit. CDU“. Fragt man aber den Herrn Spitzenkandidaten, wie es um innere Sicherheit bestellt sei, sagt er: „Mehr Polizei alleine bringt uns nicht mehr Sicherheit.“ Aha.

Viele hatten die Kandidatenschwäche kommen sehen. Laschet, seit fast drei Jahrzehnten politisch aktiv, gilt fast ebenso lange als „Filou“. Mal musste er bei der Opposition nachfragen, um was es im Landtag gerade ging – oder er rief aus dem Urlaub in Portugal seine Sprecherin an und stürzte im Gespräch mit Handy und Zigarillo in den Pool.

Als Lehrbeauftragter an der Uni Aachen verlegte Laschet Klausuren, was ihn nicht abhielt, diese zu benoten – auch von Studenten, die gar nicht mitgeschrieben hatten.

Seine erfolgreichste Zeit hatte der Aachener, als er unter CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers erster Integrationsminister Deutschlands wurde. Laschet ließ sich beim türkischen Barbier rasieren und schrieb über „Zuwanderung als Chance“.

Das sind die beliebtesten Slogans der deutschen Bundesländer
17. NiedersachsenDer Slogan „Niedersachsen. Klar“ gefiel nur 15,1 Prozent der 1.247 Befragten. Damit liegen die Norddeutschen auf dem letzten Platz der Slogan-Rangliste, die Studierende der Universität Hohenheim erhoben haben. Die Umfrage fand im Rahmen des Reformprojekts „Humboldt reloaded“ der Universität statt. Quelle: dpa Picture-Alliance
16. Baden-Württemberg Quelle: dpa Picture-Alliance
15. Rheinland-Pfalz Quelle: dpa Picture-Alliance
14. Sachsen Quelle: dpa Picture-Alliance
13. Mecklenburg-Vorpommern Quelle: dpa Picture-Alliance
12. Hessen Quelle: dpa Picture-Alliance
11. Sachsen-Anhalt Quelle: dpa Picture-Alliance

Heute sagt Kandidat Laschet über die angespannte Sicherheitslage in NRW: „Zunächst einmal ist das eine Führungsfrage.“ Doch wer sollte ihm diese zutrauen? Zumal Laschet jede weitere kritische Bemerkung, etwa zum Thema Islamgesetz, verweigert. Über ein mögliches Gesetz möchte er nicht reden.

Nirgendwo wird Laschets Schwäche deutlicher als in der Wirtschaftspolitik – eine ganz besondere Herausforderung in einem Bundesland, das Boomregionen wie Ostwestfalen mit prosperierenden Weltmarktführern ebenso sein Eigen nennt wie Geisterstädte im Ruhrgebiet. Laschet, Sohn eines Bergmanns, der dank Förderung zum Lehrer umschulte, müsste das Thema am Herzen liegen. Er versucht nun auch Kraft zu attackieren, etwa mit dem Satz: „In ganz Deutschland sinkt die Kinderarmut. In Nordrhein-Westfalen steigt die Kinderarmut.“ Dumm nur, dass er sich gerade in dem Punkt auf heikles statistisches Terrain gewagt hatte. Der WDR unternahm einen Faktencheck, Laschets Botschaft versendete sich.

Für die klaren Worte musste er sich wieder Unterstützung bei Merkel suchen, die beim NRW-Wahlkampfauftakt schimpfte, die von der SPD so vehement eingeforderte „Gerechtigkeit“ komme doch gerade im rot-grün regierten NRW zu kurz.

Aber wenn es darum geht, Kontakt zu den Menschen aufzunehmen, die sich abgeschoben fühlen, etwa ins Ruhrgebiet, fühlt Laschet sich nicht zuständig. Wahlkampf in der SPD-Hochburg möchte er möglichst vermeiden. „Die CDU hat ihre Stärken im ländlichen Raum, da haben wir viele Wähler“, sagt Laschet. „Dort ist die Wirtschaft stark, und deshalb spüren die Leute dort auch am stärksten das Versagen der aktuellen Landesregierung. Dort werden wir uns um die Mobilisierung der Wähler kümmern.“ Die fatale Botschaft: Das Ruhrgebiet, eine Region mit immerhin 5,1 Millionen Einwohnern, interessiert mich nicht.

Viele in der CDU geben die Wahl schon verloren und spekulieren bereits über Nachfolger für Laschet. Im wichtigen NRW-Landesverband gibt es gleich drei starke, medial omnipräsente junge Männer: Jens Spahn, 36, Staatssekretär bei Finanzminister Wolfgang Schäuble. Carsten Linnemann, 39, Chef der CDU-Mittelstandsvereinigung. Und Paul Ziemiak, 31, Vorsitzender der Jungen Union. Alle drei haben aber einen Karrieremakel: Sie sind offene Merkel-Kritiker.

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