NSA-Untersuchungsausschuss Die geheimen Geschäfte des Verfassungsschutzes

Sensible Daten, umfassende Spionage, tödliche Angriffe – der NSA-Untersuchungsausschuss bohrt seit zwei Jahren beim Verfassungsschutz nach. Am Donnerstag vernimmt er die Spitze der Behörde. Worum es geht.

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Der NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags soll Licht ins Dunkel der Datenspionage der Geheimdienste bringen. Quelle: dpa

Berlin Seit gut zwei Jahren bringt der NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags Licht ins Dunkel der umfassenden Datenspionage der Geheimdienste. Mit Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen und seinem Vorgänger Heinz Fromm vernimmt der Ausschuss am Donnerstag zwei prominente Behördenvertreter. Was die Abgeordneten schon wissen, und was sie wissen wollen.

Was stand bisher im Zentrum der Aufklärung im Ausschuss?

Ausgangspunkt waren die Enthüllungen weltweiter Datenspionage des US-Geheimdienstes NSA durch den Ex-NSA-Mitarbeiter Edward Snowden. Aktive NSA-Mitarbeiter stehen dem Ausschuss aber nicht zur Verfügung. Zum Umfang der Hilfe des Bundesnachrichtendienstes (BND) für die NSA hat das Gremium dennoch viel herausbekommen. Der deutsche Auslandsgeheimdienst erhielt Technik und Spionageziele von der NSA - und versorgte die Amerikaner mit Daten. Es ging um Terrorabwehr - doch viele der Spionageziele waren auch gegen deutsche und europäische Interessen gerichtet.

Warum interessiert sich der Ausschuss auch für den Verfassungsschutz?

Auch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) soll massiv Daten an US-Geheimdienste gegeben haben. So hieß es bereits 2014 in Medien, die Zahl der Datensätze, die der Inlandsgeheimdienst an US-Dienste übermittelt habe, habe sich binnen vier Jahren fast verfünffacht. Von tausenden Datensätzen jährlich war die Rede. Vor dem Ausschuss ging es auch schon um die NSA-Software XKeyscore zur Erfassung und Analyse großer Datenmengen. Neben dem BND setzt auch der BfV XKeyscore ein.

Was interessiert den Ausschuss vor allem am Verfassungsschutz?

Im Zentrum steht der Drohnenkrieg der USA - und die Frage: Sind die Deutschen dabei verstrickt? Die USA richten ihre Angriffe mit Raketen aus Kampfdrohnen gegen mutmaßliche Terroristen in Ländern wie Pakistan, Afghanistan, Jemen und Somalia. Immer wieder sollen Zivilisten getötet worden sein. Der ehemalige US-Drohnenpilot Brandon Bryant sagt: „Ohne Deutschland wäre der gesamte Drohnenkrieg des US-Militärs nicht möglich.“ Vor dem Ausschuss gab er an, genutzte Daten seien über die US-Militärbasis in Ramstein gegangen.

Um welche Fälle geht es dem Ausschuss vor allem?

Um Fälle deutscher Opfer von Drohnenangriffen. In die Schlagzeilen kam vor allem der Fall des deutschen Bürgers Bünyamin Erdogan. Der Verfassungsschutz hatte ihn als Islamisten auf dem Radar. 2010 wurde er mit einem Begleiter Opfer einer Rakete einer US-Drohne. Sechs oder sieben deutsche Islamisten, die vom Verfassungsschutz beobachtet worden waren, seien nach ihrer Ausreise ins afghanisch-pakistanische Kriegsgebiet gewaltsam zu Tode gekommen, sagte ein BfV-Referatsleiter, Henrik Isselburg, vergangene Woche aus.

Waren Daten des deutschen Verfassungsschutzes dabei ausschlaggebend?

Nach Darstellung Isselburgs und anderer Zeugen nicht. Einfluss auf Militäreinsätze von US-Kampfdrohnen habe es nicht gegeben. Das BfV gab Mobilfunkdaten an die USA weiter - mit denen könnten aber gar keine Drohnenziele markiert werden, sagte Isselburg.

War der Bundesregierung die Sensibilität des Themas bewusst?

Ja, darauf deutet ein Erlass des Innenministeriums hin, nachdem das BfV nur Daten an die USA weitergeben solle, mit denen keine Menschen lokalisiert werden können. Während Linke und Grüne den Erlass als Hinweis auf die maßgebliche Rolle deutscher Daten werteten, maßen Zeugen aus Behörden ihm nur wenig Bedeutung bei: Das BfV habe einfach grünes Licht haben wollen, bevor 2010 eine Liste mit Namen, Pass- und Mobilfunkdaten Terrorverdächtiger an die USA gegeben werden sollte.

Was will der Ausschuss vom Verfassungsschutz noch wissen?

Inwieweit der Inlandsgeheimdienst Spionage der USA, der Briten oder anderer Länder in Deutschland aufdecken kann. Immerhin: Nicht nur das Handy der Bundeskanzlerin soll vom US-Geheimdienst NSA abgehört worden sein. Der Verdacht besteht, dass andere Staaten von den Dächern ihrer Botschaften rund ums Brandenburger Tor in Berlin aus Deutsche ausspionieren. Der Leiter der BfV-Spionageabwehr, Burkhard Even, gab vor dem Ausschuss an, wenig darüber aufklären zu können.

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