Obergrenze für Flüchtlinge Unionspolitiker fordern von Merkel und Seehofer ein Ende des Streits

Auch zu Beginn des Wahljahres ist eine Lösung des Obergrenzen-Streits von Merkel und Seehofer nicht in Sicht. Lange haben sie geschwiegen – jetzt machen Unionspolitiker Druck auf die Chefs.

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Unionspolitiker fordern eine Beilegung des Streits um die Obergrenze für Flüchtlinge. Quelle: dpa

Seeon Innenexperten der Union haben die Vorsitzenden von CDU und CSU, Angela Merkel und Horst Seehofer, bereits vor Monaten vor einem Schaden beider Parteien durch den Streit um eine Obergrenze für Flüchtlinge gewarnt. Das zeigt ein Brief vom 30. September 2016, der der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag vorlag. Darin mahnten der innenpolitische Sprecher der Unionsbundestagsfraktion, Stephan Mayer (CSU), und der CDU-Abgeordnete Armin Schuster: „Ein Ringen um den besten Kurs ist demokratisch sinnvoll. Es muss aber zu einem gewissen Zeitpunkt beendet werden, soll nicht das Gesamtprojekt Schaden nehmen. Diesen Zeitpunkt sehen wir in der Flüchtlingspolitik erreicht.“

Dem Vernehmen nach haben Merkel und Seehofer noch nicht geantwortet. Mayer sagte MDR Aktuell, beide wüssten, „was die Stunde geschlagen hat und dass das Zeitfenster für einen Kompromiss nicht mehr allzu groß ist“. Er verwies auf die bevorstehenden Landtagswahlen im Saarland, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen.

Auch Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) appellierte dringend an Merkel und Seehofer, ihren Streit beizulegen. „Ich sehe überhaupt gar keinen Grund, dass wir nicht zusammenfinden“, sagte der CSU-Politiker der dpa. „Die CDU spricht von einer Begrenzung der Zuwanderung und wir sagen Obergrenze, die sich an der Integrationsfähigkeit der Gesellschaft ausrichten muss, und nennen dazu die Zahl 200.000. Das ist eine Richtgröße, an der man sich orientieren kann und muss.“ Eine Einigung dürfe nicht am Streit über Begrifflichkeiten scheitern.

Mayer und Schuster schlagen einen Kompromiss vor - einen „atmenden Deckel“ - wie Mayer nach langem Schweigen nun am Rande einer Tagung der CSU-Bundestagsgruppe im oberbayerischen Kloster Seeon erklärt hatte. Die Aufnahmekapazität von Flüchtlingen solle jedes Jahr neu berechnet und an die Zahl der Neuankömmlinge des Vorjahres gekoppelt werden. Eine starre Zahl solle es nicht geben. „Denn humanitäre Verpflichtungen wie auch die Aufnahme- und Integrationsfähigkeit hängen von sich stetig verändernden Faktoren ab.“

Damit kämen sowohl Merkel als auch Seehofer „gesichtswahrend“ aus dem Streit heraus. Sie lägen nicht weit auseinander. In dem Brief heißt es: „Auch Sie, Frau Bundeskanzlerin, haben mehrfach betont, dass eine spürbare Reduzierung der Zugangszahlen notwendig ist und dass sich eine Situation wie im Spätsommer vergangenen Jahres nicht wiederholen darf. Und Sie, Herr Ministerpräsident, haben erst jüngst im Spiegel keinen Zweifel daran gelassen, dass Deutschland zu seinen humanitären Verpflichtungen gegenüber politisch oder religiös Verfolgten steht.“

Seehofer fordert eine starre Obergrenze von maximal 200.000 Menschen pro Jahr. Sollte das im Falle eines Sieges der Union bei der Bundestagswahl im Herbst nicht in den Koalitionsvertrag aufgenommen werden, wird die CSU nach seinen Worten in die Opposition gehen.

In Seeon waren am Donnerstag EU-Sicherheitskommissar Julian King aus Großbritannien, der Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion im EU-Parlament, Manfred Weber, und der Direktor der EU-Grenzschutzagentur Frontex, Fabrice Leggeri zu Gast.

Weber forderte, zum besseren Schutz vor Terroristen einen europaweiten Datenaustausch der Sicherheitsbehörden mit einer gemeinsamen Erfassung von Gefährdern. „Was wir heute brauchen ist eine europäische Liste, (...), damit wir gemeinsam einen Überblick haben über die Gefährder in der Europäischen Union“, sagte der stellvertretende CSU-Vorsitzende. Derzeit gebe es bereits in vielen europäischen Ländern, darunter Deutschland, Frankreich und Italien, entsprechende Listen, diese seien aber nicht ausreichend vernetzt.

King sagte, der schreckliche Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt in Berlin habe erneut den grenzüberschreitenden Charakter der terroristischen Bedrohungen und die internationale Herausforderung gezeigt. Die EU müsse mehr tun, die Mitgliedstaaten müssten die bestehenden Datenbanken aber auch besser nutzen.

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