Seit der Globalisierungswelle nimmt die Ungleichheit bis heute ungebrochen zu. „Der Trend geht wieder hin zu größeren Unternehmen, und die Löhne von weniger qualifizierten Arbeitnehmern stehen weiterhin unter Abwärtsdruck“, sagt Baten. In anderen Ländern wäre der Druck allerdings noch größer. Dämpfend wirke hierzulande die gut funktionierende Kartellaufsicht. Zudem führe die Globalisierung nicht per se zu einer ungerechteren Einkommensverteilung, wie das skandinavische Beispiel zeigt.
Der gestiegene Wettbewerbsdruck durch die Öffnung der Arbeits- und Kapitalmärkte sei nur ein Faktor, der zu einer höheren Ungleichheit führe. Baten: „Sehr viel entscheidender für Deutschland ist, dass der Leistungsgedanke im Bildungssystem in den Siebzigern und Achtzigern phasenweise abhanden kam.“ Besonders schädlich sei das für die Schüler aus weniger bildungsnahen Elternhäusern gewesen.
Heutzutage haben in Deutschland so viele Menschen Zugang zu Bildung wie nie zuvor. Die Zahl der Abiturienten erreicht jedes Jahr neue Höchststände – die der Studenten ebenso. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes gab es im vergangenen Jahr 370.000 Abiturienten. 2,6 Millionen studierten im vergangenen Wintersemester. Zu einer Trendwende in puncto Einkommensungleichheit hat die sogenannte Bildungsexpansion aber nicht geführt.
Mehr noch: Die Situation der Unterschicht hat sich seit 2003 verschlechtert. Das geht auch aus dem vierten Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung (.pdf) hervor. Aber nicht nur die Unterschicht ist betroffen – auch weite Teile der Mittelschicht. Laut Armutsbericht verfügen die Haushalte in der unteren Hälfte der Verteilung nur über ein Prozent des gesamten Nettovermögens – die vermögensstärksten zehn Prozent vereinen die Hälfte auf sich.
Niedriglohnsektor trotz Hochschulabschluss
Der Blick auf die Einkommensverteilung ist nicht weniger erschreckend. Im Berechnungszeitraum gingen die Einkommen der unteren 60 Prozent der Gesellschaft zurück – die der oberen 30 Prozent stiegen. Die obersten zehn Prozent allein vereinen ein Fünftel des gesamten Einkommens auf sich. Die Schere öffnet sich weiter – trotz der Bildungsexpansion. Oder gerade deswegen?
„Wenn alle besser gebildet sind, ist Bildung weniger wert“, sagt Christoph Butterwegge, Armutsforscher an der Universität Köln. Das zeige die Inflationierung der Bildungszertifikate – der hohe Andrang an den Gymnasien und Universitäten habe nicht zur Folge, dass es mehr Arbeitsplätze gibt. Berufe, für die früher ein Hauptschullabschluss ausreichte, erfordern heute ein Fachabitur. „Das ist ein großes Problem für die Hauptschüler.“
Wo die meisten Millionäre leben
Spanien: 1 Prozent
In Spanien sind Hunderttausende ohne Arbeit – das Land kämpft immer noch mit den Nachwehen der Euro-Krise. Einige scheinen trotzdem Gewinne zu machen. Insgesamt 89.000 neue Millionäre verzeichnet Spanien. Insgesamt leben dort 465.000 Millionäre - das entspricht einem Prozent aller Millionäre weltweit.
Schweiz: 2 Prozent
Die Reichen bunkern nicht nur ihr Schwarzgeld in der Schweiz – viele leben auch dort. Insgesamt beherbergt die Schweiz 700.000 Millionäre.
Kanada: 3 Prozent
In Kanada leben 1.100.000 Millionäre, das sind 105.000 als im Vorjahr und drei Prozent aller Millionäre weltweit. Damit verzeichnet Kanada den siebtgrößten Millionärszuwachs weltweit.
China: 3 Prozent
China ist die größte Volkswirtschaft der Welt und verzeichnet rasante Wachstumsraten. Bei den Superreichen zeichnet sich das nur bedingt ab. Ganze acht Länder haben im vergangenen Jahr mehr Millionäre hervorgebracht. Trotzdem: 90.000 neue Millionäre können sich sehen lassen. Insgesamt gibt es in China 1.100.000 Millionäre.
Australien: 4 Prozent
In Australien lassen es sich mittlerweile 1.200.000 Millionäre gutgehen. Das sind 106.000 mehr als im Vorjahr.
Italien: 5 Prozent
Italien steckt immer noch in der Wirtschaftskrise. Das merken längst nicht alle Einwohner. 216.000 können sich dort als Neu-Millionäre bezeichnen. Italien beherbergt damit 1.500.000 Millionäre.
Deutschland: 6 Prozent
Deutschland legte kräftig zu: 243.000 Millionäre sind im vergangenen Jahr hinzugekommen, sodass heute 1.900.000 Millionäre hierzulande leben.
Frankreich 7 Prozent
Frankreich verzeichnet den drittgrößten Millionär-Zuwachs. 310.000 neue Millionäre kamen im Jahr 2014 hinzu, sodass nun 2.400.000 Millionäre das Leben in Frankreich genießen.
Japan: 8 Prozent
In Japan hat sich die Zahl der Millionäre binnen eines Jahres um 91.000 erhöht. Mittlerweile leben dort 2.700.000 Millionäre.
USA: 41 Prozent
2013 lebten in den USA noch 12.500.000 Millionäre – 2014 kamen eineinhalb Millionen hinzu, sodass die USA nun über 14.000.000 Einwohner mit über eine Millionen US-Dollar beherbergt.
Damit verzeichnen die USA auch den größten Millionärszuwachs weltweit - insgesamt lebt dort nahezu die Hälfte aller Millionäre.
Nicht nur denen fällt es schwer, Jobs zu finden. Jeder Zehnte, der im Niedriglohnsektor arbeitet, hat einen Hochschulabschluss – das geht aus Berechnungen des Instituts für Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen hervor (.pdf).
Butterwegge selbst ist ein sozialer Aufsteiger und der Beweis dafür, dass Bildung manchmal durchaus zum Aufstieg führen kann. Als Sohn einer alleinerziehenden Mutter war er auf dem Gymnasium ein Ausnahmefall. Nach dem Abitur studierte er, war danach lange arbeitslos, promovierte, habilitierte sich und wurde schließlich Universitätsprofessor – und damit ein Teil der einkommensstärksten zehn Prozent der Deutschen.