Öffentlicher Dienst Bsirskes Streik-Strategie führt zum Erfolg

Die Warnstreiks der Gewerkschaften haben gewirkt: Die mehr als zwei Millionen Beschäftigten von Bund und Kommunen erhalten eine deutliche Gehaltserhöhung. Beide Seiten zeigten sich mit dem Kompromiss zufrieden.

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Der Vorsitzende der Gewerkschaft Verdi und der Bundesinnenminister reichen sich anach der dritten Runde der Tarifverhandlungen des öffentlichen Dienstes die Hände. Quelle: dpa

Berlin Der Warnstreik an den Flughäfen, der zu massiven Flugausfällen geführt hatte, hat offenbar Wirkung gezeigt: Die Tarifeinigung für die rund 2,1 Millionen Beschäftigten von Bund und Kommunen steht.
Arbeitgeber und Gewerkschaften einigten sich in der Nacht zu Samstag auf eine Tariferhöhung in zwei Stufen um insgesamt 4,75 Prozent. Rückwirkend ab März gibt es 2,4 Prozent mehr Geld, im Februar nächsten Jahres folgt eine zweite Stufe von 2,35 Prozent. Die Laufzeit beträgt zwei Jahre.

Die Gewerkschaften Verdi und Beamtenbund hatten sechs Prozent für ein Jahr gefordert, die Arbeitgeber drei Prozent verteilt auf zwei Jahre angeboten. Verdi-Chef Frank Bsirske nannte das Ergebnis einen „Kompromiss, der die Reallöhne deutlich erhöht, die Kaufkraft stärkt und dazu beiträgt, den öffentlichen Dienst in Deutschland attraktiver zu machen“.

Der Präsident des kommunalen Arbeitgeberverbandes VKA, Thomas Böhle, sprach von einem „schmerzhaften“, aber „vertretbaren“ Ergebnis. Die Kosten des Abschlusses bezifferte er auf sechs Milliarden Euro jährlich. Der Bund muss für seine Tarifbeschäftigten 700 Millionen Euro mehr aufwenden. Innenminister Thomas de Maizière kündigte an, dem Kabinett einen Gesetzentwurf zur Übertragung des Abschlusses auf die Bundesbeamten und Soldaten vorzulegen.

Erfolgreich abschließen konnten die Tarifparteien die seit 2005 laufenden Gespräche über eine neue Entgeltordnung. Hier war bis zuletzt noch über die Eingruppierung bestimmter Berufsgruppen, etwa von Sparkassenangestellten oder Schulhausmeistern, in den Entgelttabellen gerungen worden. Durch die jetzt erreichte Besserstellung etwa von Pflegekräften anfallende Mehrkosten kompensieren die Arbeitnehmer zur Hälfte, indem das Weihnachtsgeld um vier Prozentpunkte gekürzt und drei Jahre lang auf diesem Stand eingefroren wird.

Gelungen ist auch ein Kompromiss bei der betrieblichen Altersversorgung. Die Arbeitgeber halten das bisherige Leistungsniveau nicht mehr für finanzierbar und hatten pauschale Einschnitte gefordert. Stattdessen können nun regionale Zusatzversorgungskassen, die wegen der Niedrigzinsen akuten Finanzbedarf anmelden, Zusatzbeiträge von den Beschäftigten erheben, die in mehreren Stufen auf maximal 0,4 Prozent steigen. Die Arbeitgeber werden im gleichen Umfang zur Kasse gebeten.

Der Abschluss sieht zudem eine Erhöhung der Ausbildungsvergütungen um 65 Euro in zwei Stufen vor. Verdi und Beamtenbund hatten hier ein Plus von 100 Euro verlangt, um Berufsnachwuchs für den öffentlichen Dienst zu gewinnen.

Während neue Streiks an den Flughäfen, in den Kitas oder Verwaltungen damit abgewendet sind, drohen in der Metall- und Elektroindustrie auch in dieser Woche massive Warnstreiks. Bis zum Nachmittag des ersten Streiktags nach Ablauf der Friedenspflicht hatte die IG Metall am Freitag schon mehr als 110.000 Warnstreikende mobilisiert. Die Gewerkschaft fordert fünf Prozent mehr Geld für die 3,8 Millionen Beschäftigten der Branche. Die Arbeitgeber haben 2,1 Prozent in zwei Stufen plus 0,3 Prozent Einmalzahlung bei einer Laufzeit von 24 Monaten angeboten.

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