Ökostrom-Reform Parlament gibt grünes Licht, Opposition schäumt

Bei der Energiewende wird ein neues Kapitel aufgeschlagen. Ökostromanbieter müssen stärker um Fördergelder konkurrieren. Eine rasche Entlastung der Stromkunden ist aber nicht in Sicht.

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Der Anteil des Solar-, Windkraft- und Biomasse-Stroms an der gesamten Stromproduktion soll bis 2025 auf maximal 45 Prozent von derzeit 33 Prozent steigen. Quelle: dpa

Berlin Die Reform des Ökostrom-Gesetzes mit einem Systemwechsel bei der Förderung erneuerbarer Energien hat wichtige Hürden genommen. Der Bundestag stimmte am Freitag der Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) mit den Stimmen der schwarz-roten Koalition zu. Anschließend verzichtete die Länderkammer trotz vielfältiger Kritik darauf, den Vermittlungsausschusses anzurufen. Sofern nun die EU-Kommission der Gesetzesänderung zustimmt, kann diese Anfang kommenden Jahres in Kraft treten.

Die Änderung markiert eine Abkehr von der Praxis garantierter Abnahmepreise für Strom aus Solarenergie, Windkraft und Biomasse. Sie wird ersetzt durch ein marktwirtschaftliches Ausschreibungsverfahren. Den Zuschlag erhält dann der Anbieter neuer Produktionsleistung, der den niedrigsten Abnahmepreis und damit die wenigsten Subventionen fordert. Dadurch soll der Anstieg der Strompreise für die Kunden wegen einer immer weiter anwachsenden Ökostrom-Umlage gebremst werden. Kleinanlagen sind vom Ausschreibungsverfahren ausgenommen.

Die Opposition versuchte im Bundestag, die Debatte über die Gesetzesnovelle von der Tagesordnung abzusetzen. Die parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Britta Haßelmann, und ihre Linken-Kollegin Petra Sitte beklagten, die Koalition habe umfangreiche Änderungen viel zu kurzfristig ins Parlament eingebracht. Das erlaube keine sorgfältige, verantwortungsvolle Befassung mit Vorhaben. Die Parlamentsmehrheit der Koalition wies aber das Begehren der Opposition zurück.

Neben der Änderung der Fördersystematik ist das zweite große Anliegen der Regierung, den Ausbau der erneuerbaren Energien besser mit dem Ausbau der Stromleitungen zu synchronisieren. Daher soll der Anteil des Solar-, Windkraft- und Biomasse-Stroms an der gesamten Stromproduktion bis 2025 auch nur auf maximal 45 Prozent von derzeit 33 Prozent steigen. Der Ausbau der Windenergie im Meer soll im Jahr 2021 erst einmal in der Ostsee und moderat vorangetrieben werden, wo die Leitungsanbindung gesichert ist, erst etwas später dann auch in der Nordsee.

Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel verteidigte die Gesetzesänderung vor allem mit dem Argument, beim Ausbau der erneuerbaren Energien sei mehr Wettbewerb nötig, weil diese nicht mehr den teuren Schutz durch garantierte Strom-Abnahmepreise benötigten. „Fit für den Markt machen“, gelte nun für Solar-, Windkraft- und Biomasse-Strom. Zur Begrenzung des Ausbauziels sagte er: „Man kann doch nicht ausbauen, ohne dass man gleichzeitig die Netze ausgebaut hat.“ Auch werde der Klimaschutz nicht ausgehebelt.

Genau das warf Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter der Regierung vor. Mit der Deckelung des Ausbaus speziell bei der Windkraft werde Deutschland seine Klimaziele nicht erreichen. „Wir brauchen einen Neustart der erneuerbaren Energien“, forderte er. Die Linken-Abgeordnete Eva Bulling-Schröter warf der Regierung vor, „das erfolgreiche EEG“ kaputtzumachen. Auch von Umweltverbänden hagelte es Kritik. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) nannte das neue EEG eine Bremse für den Klimaschutz. Er warf der Regierung vor, das Zeitalter der umweltschädlichen Kohle-Verstromung zu verlängern. Der Greenpeace-Energieexperte Tobias Austrup bemängelte: „Die EEG-Reform treibt Deutschlands beschämende Demontage des Pariser Klimaabkommens noch ein Stück weiter“.

Kritik kam auch aus der Wirtschaft. Der Maschinenbau-Verband VDMA warnte, das neue Ausschreibungssystem sei zwar richtig, der gebremste Ausbau der Windenergie auf See könne aber fatale Folgen haben. Der Gesamtverband der Textil- und Modeindustrie kritisierte, zwar würden einige Unternehmen bei der Ökostrom-Abgabe geschont, die weitaus meisten müssten aber nach den Gesetzesplänen die volle Abgabe zahlen.

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