Open-Data-Gesetz Union und SPD öffnen das Milliardengeschäft mit Daten

Die Große Koalition verständigt sich nach langem Ringen darauf, in Zukunft Daten der Verwaltung zu veröffentlichen. Daraus sollen Start-Ups Honig saugen und neue Ideen entwickeln. Das Geschäft mit den Daten boomt.

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Nicht viele staatliche Stellen geben bisher ihre Daten frei. Quelle: dpa

Berlin Viele Wochen haben die Innenpolitiker und die Netzpolitiker von Union und SPD im Hintergrund gerungen, ob sie noch einen wesentlichen Teil des Koalitionsvertrags umsetzen oder lieber drauf verzichten – und wurden nie einig in der Frage, ob der Bund ein wichtiges Vorhaben im Koalitionsvertrag auf dem Weg zum modernen Staat noch umsetzt: ein Gesetz, mit dem die Bundesverwaltung und ihre Behörden Daten kostenfrei bereitstellen und Open Data so hilft, dass gerade in der digitalen Welt neue Geschäfte für etablierte Unternehmen wie auch für Start-Ups entstehen.

Nun endlich ist der Durchbruch gelungen: Bis zum 21. September soll Innenminister Thomas de Maiziere einen Entwurf für ein Open-Data-Gesetz vorlegen. Darauf verständigten sich nach Informationen des Handelsblatts die entsprechende Koalitionsarbeitsgruppe Digitales, an der neben den Fachpolitikern für Digitales, Recht und Inneres sowie Verbraucher auch die Staatssekretäre der beteiligten Ministerien teilnehmen. „Wir haben den Durchbruch in der Koalition geschafft“, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD-Fraktion, Sören Bartol, dem Handelsblatt. „Es wird in dieser Legislaturperiode noch ein Open-Data-Gesetz geben.“

Das Geschäft mit den Daten boomt. Auch die Regierung sieht Daten als den „Rohstoff des 21. Jahrhunderts“ an. Etliche Studien prophezeien einen Wachstumsmarkt, der allein in Deutschland auf bis zu 43 Milliarden Euro geschätzt wird, EU-weit auf 140 Milliarden und weltweit auf 2,6 Billionen. Mögliche Anwendungen reichen von Apps zur Parkplatzsuche oder zur dynamischen Wahl des richtigen Verkehrsmittels bis hin zur Vorhersage von Quallen-Plagen im Meer.

Nach Informationen des Handelsblatts soll das Gesetz die Behörden verpflichten, proaktiv Daten zu veröffentlichen, etwa Verkehrs-, Wetter- oder Geodaten. Daten der Verwaltung sollen grundsätzlich öffentlich zugänglich sein – es sei denn, es sprechen begründete Ausnahmetatbestände dagegen. „Wir wollen, dass die Verwaltungen von sich aus möglichst viele Daten bereitstellen“, sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Unionsfraktion, Nadine Schön.

Die Veröffentlichung von Daten soll unter Creative-Commons-Lizenzen, medienbruchfrei, grundsätzlich barrierefrei, menschen- und maschinenlesbar und standardisiert erfolgen. Auch sollen die Behörden aktiv auf ihr Daten-Angebot hinweisen. Die bisher nur rudimentär aufgebaute GovData-Plattform des Bundes soll nutzerfreundlich ausgebaut werden und als Daten-Plattform dienen – und nicht nur als Hinweisschild für Daten-Angebote im Netz. An GovData beteiligen sich derzeit erst zehn von 16 Bundesländern. Union und SPD werben auch für ein „Open Data Büro des Bundes“, ähnlich wie das Breitbandbüro. „Das Open Data-Büro soll Kommunen und potentielle Nutzer der Daten beraten", sagte Digitalpolitikerin Schön.

Am Dienstag hatte nach langem Ringen auch die Bundestagsfraktion von CDU und CSU Eckpunkte beschlossen, um Open Data zu fördern. „Wir haben viel Überzeugungsarbeit geleistet“, sagte der Vorsitzende des Ausschuss Digitales, Jens Koeppen (CDU) dem Handelsblatt. Vor allem sei es wichtig gewesen zu erklären, dass der Datenschutz weiter hohe Priorität genieße und personenbezogene Daten nicht unter Open Data fallen.

Vor allem das Innenministerium hatte lange Zeit keinen Grund für ein Gesetz gesehen, da es bereits möglich sei, Daten bereit zu stellen. Das aber hängt vom guten Willen der Behörden ab, der nicht besonders ausgeprägt ist, weder im Bund noch in den Ländern. Ein „Kulturwandel“ in der Verwaltung sei nötig, wie das Ministerium im April einräumte. Nun hieß es dort auf Nachfrage: „Es wird derzeit geprüft, wie eine Stärkung der Bereitstellung von Daten der Verwaltung als Open Data durch rechtliche Regelungen erreicht werden könnte.“

Auch werde erörtert, wie der Nationale Aktionsplan Open Data, der 2015 ausgelaufen ist, fortgeschrieben werden kann. Dazu will das Ministerium die Mitgliedschaft Deutschlands im „Open Government Partnership“ anmelden. „Diese wird noch für das Jahr 2016 angestrebt“, bestätigte eine Sprecherin. Die Partnerschaft bedeutet, dass die Mitgliedsstaaten Aktionspläne aufstellen und regelmäßig evaluieren.

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