Orden wider den tierischen Ernst Die Zwei Wesen des Markus Söder

Ob als Träger des Aachener Karnevals-Ordens oder als grüner Oger „Shrek“ in Nürnberg: Der bayerische Finanzminister Markus Söder pflegt das Image des Fastnacht-Feierbiests. Doch der ehrgeizige Minister kann auch anders.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Bayerns Finanzminister Markus Söder: Der 49-Jährige inszeniert sich gern als Fastnachts-Feierbiest Quelle: dpa

Aachen/Düsseldorf Nach geglücktem Fass-Anstich im Münchner Hofbräuhaus eilt Markus Söder zum Rednerpult. Der CSU-Superminister hält eine launige Rede über sein Verhältnis zum Landesvater Horst Seehofer. „Ob ich mit Horst Seehofer tauschen möchte?“, werde er oft gefragt. Seine Antwort: „Jetzt schon?“ Söder, in typisch bajuwarischer Tracht, gestikuliert, lacht, nimmt das Publikum mit, läuft zur Hochform auf. „Unsere Sorge ist nicht, wann er aufhört. Unsere Sorge ist, ob er überhaupt aufhört“, sagt er in Richtung Seehofer unter dem Beifall des Publikums.

Söder kann Bütt. Das hat er nicht erst bei seinem Auftritt beim Maibock-Anstich im Hofbräuhaus vor gut zwei Jahren gezeigt. Der 49-Jährige kultiviert sein Image als närrisches Feierbiest. Seine aufwendigen Kostüme bei der Fastnacht in Franken – immer perfekt abgestimmt mit Ehefrau Karin – sorgen jedes Jahr aufs Neue für Aufmerksamkeit.

Ob als Euro-Punker in der Eurokrise oder Eisbär während seiner Amtszeit als bayerischer Umweltminister – seine Kostüme verbindet Söder gerne mit mehr oder weniger subtilen, politischen Botschaften. Da scheint seine Auszeichnung mit dem „Orden wider den tierischen Ernst“ fast logisch. „Söder kann nicht nur politische Gegner, sondern auch sich selbst humorvoll auf die Schippe nehmen“, lobt der Aachener Karnevalsverein, der den gebürtigen Franken an diesem Samstag mit dem Karnevals-Orden auszeichnet.

Auch wenn Aachen und Söders Geburtsort Nürnberg knapp fünf Autostunden entfernt liegen: Der Auftritt bei der Verleihung des „Ordens wider den tierischen Ernst“ wird für die Rampensau Söder ein Heimspiel. Auch der Präsident des Aachener Karnevalvereins, Werner Pfeil, ist voll des Lobes: „Einen besseren Botschafter als ihn können sich Fasching, Fastnacht oder Karneval nicht wünschen.“

Doch Markus Söder kann auch anders: Beim Thema Flüchtlingskrise ist ihm in diesen Tagen nicht zum Scherzen zu Mute. Mit Filzhut und ernster Miene, das verschneite Wildbad Kreuth im Hintergrund,  gibt er in dieser Woche dem Parlaments-Sender Phoenix ein Interview: „Das deutsche Volk ist tief verunsichert“, sagt er. Der Staat komme seiner Kernaufgabe, für Sicherheit zu sorgen, nicht mehr nach. Daher brauche Deutschland eine Obergrenze bei der Aufnahme von Flüchtlingen und Grenzkontrollen.


Querulant, der sich auch mal im Ton vergreift

Söder pflegt das Image des Querulanten und Gegenspieler Merkels, dem es einzig und allein um das Wohlergehen Bayerns geht. Und er pflegt dieses Image auf allen Kanälen: Bei Twitter und Facebook, in zahlreichen Talkshows, im Parlament, wie im Bierzelt. Er hatte sogar einen Gastauftritt bei der Heimat-Serie des Bayerischen Rundfunks, „Dahoam is dahoam“. Söder spielte darin die Rolle, die ihm am Meisten liegt: sich selbst.

Obwohl Söder mit Leib und Seele Landespolitiker ist, hat sein Wort auch in Berlin Gewicht. Anders als sein zeitweiliger parteiinterner Rivale Karl-Theodor zu Guttenberg hat Söder, studierter Jurist und gelernter Journalist, die klassische Polit-Ochsentour durchgemacht.

Nach zwölf Jahren Mitgliedschaft übernahm er den Landesvorsitz der Jungen Union in Bayern und arbeitete sich in die Landesregierung vor, zunächst als Europa-, später als Umweltminister. Seit 2013 muss er sich als „Superminister“ für Finanzen, Landesentwicklung und Heimat unter Beweis stellen, ob er als Nachfolger für Ministerpräsident Horst Seehofer eignet. Söder hat es dabei nicht eben leicht: Das Verhältnis zwischen ihm und dem CSU-Chef ist angespannt, gleichzeitig macht Bayerns Landwirtschaftsministerin Isle Aigner Söder Konkurrenz, die sich ebenfalls Chancen auf das Seehofer-Erbe ausrechnet.

Der Franke agiert dabei allerdings ungleich lauter als Aigner, und wer wie er ständig alle Kanäle bespielt, vergreift sich irgendwann im Ton. Am 14. November twitterte er: „#ParisAttacks ändert alles. Wir dürfen keine illegale und unkontrollierte Zuwanderung zulassen“. Einen Tag nach den Terroranschlägen brachte ihm diese Aussage den Vorwurf ein, die Anschläge für seine politischen Forderungen zu instrumentalisieren.

Auch sein humoristischer Frontal-Angriff auf Horst Seehofer beim Maibock-Anstich vor knapp zwei Jahren brachte Söder intern Kritik ein. Und so wäre es nicht verwunderlich, wenn Seehofer am Samstag einen Blick auf die Karnevalsrede seines „von Ehrgeiz zerfressenen“ (Zitat Seehofer) Ministers wirft.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%