Ottmar Edenhofer "Deutschland wird vom Kohleausstieg profitieren"

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"Das Gesamtbild zeigt Licht und Schatten"

Die aktuelle Einigung in Brüssel zeigt, dass offenbar der politische Wille für eine solche Preis-Untergrenze fehlt. Was wäre eine Alternative?
Dann müssen die einzelnen Länder über nationale CO2-Steuern nachdenken – oder darüber, die dreckigsten Kraftwerke mit regulatorischen Maßnahmen vom Netz zu nehmen. Das wäre aus meiner Sicht aber nur eine Notlösung.

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Wäre es nicht viel wichtiger, die E-Mobilität zu fördern?
Gerade nicht. Das darf nicht der erste Schritt sein, die Elektroautos würden dann ja auch nur mit dreckigem Kohlestrom angetrieben. Erst wenn unser Strom CO2-frei ist, tun wir dem Klima mit den Elektroautos wirklich etwas Gutes. Da ich aber daran glaube, dass wir unseren Strom auf mittlere Frist CO2-frei bekommen werden, sollte man natürlich jetzt auch schon die Infrastruktur für E-Mobilität ausbauen, damit dann der Übergang möglichst glatt gelingt.

Das sind alles Maßnahmen, die nicht billig sein werden. Europa verursacht zeitgleich aber nur einen vergleichsweise geringen Teil des weltweiten CO2-Ausstoßes. Lohnt sich die Anstrengung überhaupt?
Die Anstrengung lohnt sich, weil Europa beim Klimaschutz nicht allein bleiben wird. China will seine Emissionen reduzieren, Kalifornien treibt die Energiewende massiv voran. Das Klimaproblem kann nur global gelöst werden und darum muss Europa die Kooperation vorantreiben. Andere Länder werden nur mitziehen, wenn Europa eine glaubwürdige Politik betreibt.

Allzu ehrgeizig sind viele Länder bislang aber nicht…
Das Gesamtbild zeigt Licht und Schatten. Auf der einen Seite stehen Länder wie China oder Indien, die bei der Kohle auf die Bremse treten. China investiert zudem kräftig in die erneuerbaren Energien und hat begonnen, ein Emissionshandelssystem einzuführen. Gleichzeitig geht es in vielen anderen Ländern viel zu langsam voran. Und Donald Trump ist natürlich auch keine große Hilfe, wobei US-Bundesstaaten wie Kalifornien ihm ja durchaus die Stirn bieten und beim Klimaschutz eigenen Wege gehen.

Und was kann nun die aktuelle Weltklimakonferenz zu all dem beitragen?
Bei dieser Konferenz geht es vor allem um die Festlegung der Ausführungsbestimmungen. Es ist zu hoffen, dass der Weg für ein koordiniertes CO2-Bepreisungssystem geebnet wird. Bis dahin ist es noch ein langer Weg, aber wir machen Fortschritte: Immerhin wollen schon 81 Länder CO2-Preise einführen.  Weitere Länder werden sich dem anschließen, denn die Staaten müssen ohnehin ihre nationalen Anstrengungen vergleichbar machen. Da CO2-Preise die Anstrengung der einzelnen Länder messen, können sie als gemeinsamer Vergleichsmaßstab dienen. Irgendwann sollten die Staaten auf solchen Konferenzen dann direkt über ihre CO2-Preise verhandeln. Aber so weit sind wir noch nicht.

Wie optimistisch sind Sie, dass es mit so einem System auf absehbare Zeit klappt?
Naja, von heute auf morgen wird das nicht funktionieren. Die aktuelle Weltklimakonferenz ist eine Art Arbeitsgruppentreffen.Die Bis wir auf globaler Ebene wirklich vergleichbare CO2-Preise haben werden, wird es noch eine Weile dauern. Aber wir müssen uns jetzt sofort auf den Weg machen. Warten wir zu lang ab, das zeigt die Forschung sehr klar, wird es teuer. Handeln wir rasch, wird es für Unternehmen und Steuerzahler sehr viel billiger.

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