Panama-Unterstützer im Visier Gabriel wirft Banken „organisierte Kriminalität“ vor

In die Affäre um Panama-Briefkastenfirmen sind auch Banken verwickelt. In Deutschland sorgt für Unmut, dass die Finanzaufsicht die Institute offenbar gewähren ließ. Vize-Kanzler Gabriel fordert ein hartes Durchgreifen.

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Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD): “Wer die Leistungsbereitschaft in einer sozialen Marktwirtschaft erhalten will, muss diese organisierte Kriminalität von Banken und Finanzjongleuren mit allen Mitteln bekämpfen.“ Quelle: dpa

Berlin Die Panama-Enthüllungen rufen die deutsche Politik auf den Plan, zumal auch deutsche Banken beim Verschieben und Verstecken von Vermögen in Briefkastenfirmen involviert sind. Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) forderte spürbare Konsequenzen. „Die Geldgier dieser Superreichen verbindet sich mit der Gewissenlosigkeit im Banken- und Finanzsektor. Beides zerstört das Vertrauen in den Rechtsstaat“, sagte Gabriel der „Süddeutschen Zeitung“.

Aus Gabriels Sich dürfe es nicht zugelassen werden, dass ein Teil der Gesellschaft hart arbeite, sich an die Regeln halte und Steuern zahle, während ein anderer Teil die Gesellschaft betrüge. „Diese Betrüger sind die wahren Asozialen“ betonte der SPD-Chef. „Wer die Leistungsbereitschaft in einer sozialen Marktwirtschaft erhalten will, muss diese organisierte Kriminalität von Banken und Finanzjongleuren mit allen Mitteln bekämpfen.“

„Wichtiger Ansatzpunkt in Deutschland sind die Banken“, sagte auch der Vize-Vorsitzende des Finanzausschusses im Bundestag, Gerhard Schick (Grüne). „Banken und Banker müssen bestraft werden, die mit Unternehmen Geschäfte machen, deren wirtschaftlich Berechtigte nicht bekannt sind.“ Als „peinlich“ kritisierte der Grünen-Politiker in diesem Zusammenhang die Stellungnahmen von Deutsche Bank und Berenberg Bank. „Sie tun so, als wüssten sie nicht, welche Strukturen sie da unterstützen. Natürlich wissen sie das, sie tun es aber wegen der Gewinne trotzdem“, sagte Schick.

Die Deutsche Bank und die Hamburger Privatbank Berenberg hatten zuvor bestätigt, Kunden bei der Vermittlung von Briefkastenfirmen im Ausland geholfen zu haben. Zugleich betonten sie aber die Rechtmäßigkeit der Vorgänge.

Nach den am Sonntagabend von Medien aus Dutzenden Ländern veröffentlichten Recherchen soll Geldhäusern eine Schlüsselrolle beim Vertrieb von Briefkastenfirmen zugekommen sein. Grundlage der Enthüllungen sind aus einer anonymen Quelle stammende Daten der Wirtschaftskanzlei Mossack Fonseca aus Panama. Demnach haben zahlreiche Politiker, Sportler und Prominente ihr Geld in Offshore-Firmen geparkt.

Gut 500 Banken hätten den Dokumenten zufolge in den vergangenen Jahren mithilfe der Kanzlei über 15 000 Briefkastenfirmen an ihre Kunden vermittelt, heißt es etwa in den Berichten von NDR und WDR. Die meisten Firmen seien dabei erst nach 2005 gegründet worden.


FDP-Politiker bringt Haftstrafen für Banker ins Spiel

Harte Konsequenzen gegen Geldinstitute fordert auch der der Co-Berichterstatter im Steuersonderausschuss des Europäischen Parlaments Michael Theurer (FDP). „Der Whistleblower, der Steuerdaten an die Steuerfahndung verkauft, geht dafür in der Schweiz zwei Jahre ins Gefängnis, der Bankdirektor der Steuersparmodelle verkauft und damit gegebenenfalls Beihilfe zur Steuerhinterziehung leistet, geht straffrei aus. Das widerspricht dem Gerechtigkeitsempfinden und passt nicht zusammen“, sagte Theurer dem Handelsblatt. Und er fügte hinzu: „Die von den Banken jetzt vielfach propagierte Weißgeldstrategie scheint vielfach das Papier nicht wert zu sein, auf dem sie gedruckt wird.“

Theurer plädiert zudem für ein generelles Verbot von Offshore-Geschäften. „Jeder Gewinn muss einmal in der EU besteuert sein, bevor er die EU verlässt“, sagte der FDP-Politiker. Nötig sei daher, „eine EU-Gesetzgebung, die reine Briefkastenfirmen in Steueroasen verbietet“.

Theurers Parteifreund Volker Wissing hält dagegen nichts von "reflexartigen Forderungen". An erster Stelle müsse eine umfassende Auswertung und rechtliche Prüfung stehen. "Rufe nach Gesetzesverschärfungen sind zum jetzigen Zeitpunkt reiner Populismus", sagte das FDP-Präsidiumsmitglied.

Der Grünen-Politiker Schick sieht auch ein Problem bei der deutschen Finanzaufsicht. „Die für die Geldwäschebekämpfung zuständige BaFin scheint wieder einmal nichts mitbekommen zu haben davon, was deutsche Banken da so tun“, sagte er. Sie müsse endlich einen „klaren Handlungsauftrag“ von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bekommen und personell adäquat ausgestattet sein.

Schäuble sieht die Panama-Enthüllungen indes als Rückenwind im internationalen Kampf gegen Steuerflucht. Bis April will der CDU-Politiker - unabhängig vom Panama-Fall - eigene, neue Vorschläge präsentieren. „Wir nehmen im Match diesen Ball auf und werden ihn weiter voranspielen“, sagte Schäubles Sprecher Martin Jäger. Die Panama-Papiere seien keine Überraschung, erhöhten aber den weltweiten Druck auf Steueroasen. Das „Unterholz“ bei Versuchen, die Steuerbehörden auszutricksen, müsse besser ausgeleuchtet werden.

Schäuble selbst werde vor der Frühjahrstagung des Internationalen Weltwährungsfonds (IWF) und der Weltbank Mitte April in Washington die Initiative ergreifen, wie es international mehr Transparenz gegen illegale Finanzgeschäfte geben könne, kündigte Jäger an.


Steinbrück: „Mit voller Kraft Offshore-Zentren austrocknen“

Bereits im Oktober 2014 hatten sich in Berlin viele Staaten darauf verständigt, automatisch Kontodaten auszutauschen, um Steuerflüchtige zu erwischen. Das war ein Durchbruch, weil damit in den beteiligten Ländern das Bankgeheimnis praktisch beendet wurde. Inzwischen haben das Abkommen 80 Länder unterzeichnet, 16 weitere wollen es bald tun. Zudem haben die 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) schärfere Maßnahmen gegen Steuervermeidung großer Konzerne angekündigt.

Aus Sicht des früheren Bundesfinanzministers Peer Steinbrück (SPD) wird es „höchste Zeit“, dass die Staatengemeinschaft wie etwa die G-20-Gruppe „mit voller Kraft Offshore-Zentren austrocknet“, so wie das im Fall Schweizer Banken mit ihrer Beihilfe zur Steuerhinterziehung geschehen sei. Die Panama Papers würden den Blick in die Abgründe politischer und krimineller Machenschaften öffnen, sagte Steinbrück der „Rheinischen Post“.

Aus Sicht der Bundesregierung steht Deutschland bei verdächtigen Panama-Geldströmen nach bisherigem Kenntnisstand nicht im Fokus. Regierungssprecher Steffen Seibert betonte, die Veröffentlichungen würden ernstgenommen, Hinweisen auf Steuerhinterziehung müsse nachgegangen werden. Das Finanzministerium erklärte, bereits heute sei es strafbar, Einkünfte aus Vermögen in einer ausländischen Briefkastenfirma vor dem Fiskus zu verstecken.

Gabriel sagte weiter, die „Panama-Papers“ zeigten, „es geht auch um organisierte Kriminalität, die Umgehung von Uno-Sanktionen und die Terrorfinanzierung. Wir reden also nicht nur über Gerechtigkeit, sondern auch über Sicherheit“.


Union warnt vor voreiliger Skandalisierung

Der SPD-Chef fügte hinzu, „diese Schattenwirtschaft ist ein Risiko für die globale Sicherheit. Wir müssen Briefkastenfirmen und Stiftungen, deren wirtschaftlich Berechtigte anonym bleiben, weltweit verbieten. Daneben müssen wir uns, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, auf ein härteres Vorgehen gegen Geldwäsche verständigen. Die Staatengemeinschaft muss die Länder ächten, die solche schmutzigen Geschäfte weiter zulassen.“

Der Vize-Chef der Unionsfraktion im Bundestag, Michael Fuchs (CDU), warnte dagegen nach den neuen Enthüllungen über Finanzgeschäfte mit Briefkastenfirmen vor einer voreiligen „Skandalisierung“. „Es ist nicht illegal, Firmen im Ausland zu gründen oder Geld ins Ausland zu transferieren“, hieß es in einer Mitteilung vom Montag.

Auch der Präsident des Steuerzahlerbundes, Reiner Holznagel, erklärte, der Besitz einer Briefkastenfirma sei nicht strafbar, aber durchaus fragwürdig. Es sei richtig, dass die Bundesregierung die internationale Zusammenarbeit im Kampf gegen Steuervermeidung vorantreibe: „Ein nationaler Alleingang wird das Problem nämlich nicht lösen.“

Die Deutsche Steuergewerkschaft schlug eine Beweislastumkehr im deutschen Steuerrecht vor. Gewerkschaftschef Thomas Eigenthaler sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): „Nicht der Fiskus muss nachweisen, dass etwas in der Steueroase nicht stimmt, sondern der Betroffene muss vernünftige Motive für sein Handeln nachweisen.“ Ansonsten dürfe es keine steuermindernden Abschläge von entsprechenden Ausgaben mehr geben.

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