Parteilinke gegen Habeck und Baerbock Widerstand gegen Realo-Doppelspitze bei den Grünen

Der Grünen-Chef Özdemir hat mit seinem Verzicht auf eine erneute Kandidatur eine Personaldebatte in seiner Partei entfacht. Und zugleich eine Flügeldebatte. Eine Realo-Doppelspitze – wie realistisch ist das überhaupt.

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„Kein Flügel sollte einen Alleinvertretungsanspruch auf Posten haben.“ Quelle: dpa

Berlin Bei den Parteilinken der Grünen regt sich Widerstand gegen eine Realo-Doppelspitze aus Robert Habeck und Annalena Baerbock. „Kein Flügel sollte einen Alleinvertretungsanspruch auf Posten haben“, sagte der Parteilinke Gerhard Schick der „Rheinischen Post“ (Dienstag). Die Grünen bräuchten eine Spitze, „die die ganze Partei führen kann und nicht nur einen Teil“.

Der schleswig-holsteinische Umweltminister Habeck und die Brandenburger Bundestagsabgeordnete Baerbock hatten am Wochenende angekündigt, beim Bundesparteitag Ende Januar für den Parteivorsitz zu kandidieren. Parteichef Cem Özdemir will sich nach neun Jahren nicht erneut zur Wahl stellen, Co-Chefin Simone Peter, die dem linken Flügel angehört, würde gern im Amt bleiben.

Habeck hatte angekündigt, dass er im Fall seiner Wahl zum Parteichef sein Amt als Umwelt- und Agrarminister in Schleswig-Holstein nach einer Übergangszeit aufgeben werde. Diese müsse „pi mal Daumen ein Jahr“ lang sein, sagte er der Berliner Tageszeitung „taz“. Auch dagegen protestierte Schick: „Ich halte nichts von einer Lex Habeck. Und eine halbe Wahlperiode Übergangszeit geht gar nicht.“

Peter sagte der „Welt“ (Dienstag), es sei wichtig, dass die „unterschiedlichen Strömungen zusammen Verantwortung übernehmen und sich das auch in den Führungsfiguren widerspiegelt“. Baerbock betonte in der Zeitung dagegen: „Ich finde, die Flügelzugehörigkeit kann nicht das einzige Kriterium für die Möglichkeit einer Kandidatur sein.“

Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland sagte sie, ihre Kandidatur sei „auch eine Reaktion darauf, dass sich die Debatte zuletzt verschärft um Männer gedreht hat. Wir Grünen sind aber die Partei gelebter Gleichberechtigung.“ Es gehe auf keinen Fall darum, dass die Grünen ihre linken Wurzeln kappen. „Das radikale und das staatstragende Wesen sind kein Widerspruch. Aus der Kombination erwächst unsere Stärke“, betonte Baerbock.

Der Bundesgeschäftsführer der Grünen, Michael Kellner, nannte Habeck in der „Berliner Zeitung“ (Dienstag) einen „exzellenten Kandidaten“. Er betonte: „Ich glaube, dass es gerade in den nächsten vier Jahren darauf ankommt, eine starke und lebendige Partei zu haben. Dazu könnte Robert Habeck enorm viel beitragen.“ Kellner sieht kein Verschwinden der Flügel bei den Grünen: „Es wird bei uns immer Gruppierungen geben. Wir sind als Partei immer dann überzeugend, wenn aus unseren vielen Stimmen ein harmonischer Chor wird.“

Kellner, will beim Parteitag Ende Januar erneut für das Amt des politischen Bundesgeschäftsführers kandidieren, wie er der „Frankfurter Rundschau“ (Dienstag) sagte. Er sei mit dem, was er in den vergangenen vier Jahren begonnen habe, noch nicht fertig. Unter anderem wolle er die Partei mit einem neuen Grundsatzprogramm voranbringen, die Beteiligung der Mitglieder stärken und „dabei insbesondere die Chancen der Digitalisierung für die Parteiarbeit nutzen“.

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