Angela Merkel gab sich entspannt. „Da sind Sie ja wieder“, begrüßte sie freundlich den Mann im orangenen T-Shirt der konservativen „Aktion Linkstrend stoppen“. Orange ist die Farbe der modernen CDU, nicht die Farbe von Michael Nickel. Der Sprecher war seiner Parteivorsitzenden bis in den Oberbürgermeister-Wahlkampf in Brandenburg gefolgt, um seine Zweifel am Merkel-Kurs zu demonstrieren. „Ich könnte auch mal Unterstützung brauchen“, mahnte die Kanzlerin mit Blick auf SPD, Linkspartei und Grüne den innerparteilichen Quälgeist. Das war Mitte August, und seitdem haben beide weitergearbeitet – Nickel an seiner Kritik, Merkel am Linkstrend der CDU.
Wenn sich die Christdemokraten an diesem Montag in Leipzig zum Parteitag treffen, ist nichts mehr wie beim letzten Mal. Nichts wie 2003, als sich die Schwarzen an selber Stelle ein konsequentes Reformprogramm verordneten; nicht mal nichts wie beim letzten Konvent vor dem Start des einst ersehnten, jetzt erlittenen Bündnisses mit der FDP. Nicht nur der Vorratsschrank politischer Gemeinsamkeiten der Koalition ist weitgehend leer, auch das Eingemachte der Konservativen ist in der Regierungszeit Angela Merkels geschwunden.
Der stabile Euro – ausverkauft. Die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank – liquidiert. Das Bekenntnis zur Kernenergie – abgeschaltet. Die Wehrpflicht – weggetreten. Die Verpflichtung zur Marktwirtschaft – sozialisiert. Die Lebensschützer und Gegner von Stammzellexperimenten – neutralisiert. Und die Vertriebenen – heimatlos.
Die Strategie der CDU-Führung, gesellschaftliche Streitthemen mit Verhetzungspotenzial – wie jetzt gerade den Mindestlohn – abzuräumen, hat viele langjährige Anhänger verunsichert. Und damit Platz geschaffen für eine neue Partei.