Peer Steinbrück Europa braucht Sparen und Wachsen

Für Peer Steinbrück ist die derzeitige Europapolitik zu sehr auf Sparen und zu wenig auf Wachstum ausgerichtet. Vor allem Deutschland steht aus seiner Sicht in der Pflicht, den Euro-Raum nicht zu sprengen.

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Der ehemalige Finanzminister Peer Steinbrück mahnt zu Impulsen für Wachstum. Quelle: dpa

St. Gallen Der ehemalige deutsche Finanzminister Peer Steinbrück hat Forderungen nach einer stärker auf Wachstum ausgerichteten europäischen Krisenpolitik unterstützt. Den in Not geratenen Ländern Konsolidierungsprogramme über den Kopf zu ziehen, reiche nicht aus, sagte der mögliche Kanzlerkandidat der SPD am Freitagmorgen bei einer Diskussionsrunde des St. Gallen Symposiums. „Man hat sich bisher zu sehr auf die Passivseite, also auf die Refinanzierung der Schulden konzentriert“, so Steinbrück – und zu wenig darauf, den Ländern mit ökonomischen Stimuli aktiv beim Wiederaufbau zu helfen. Angesichts der massiven Jugendarbeitslosigkeit in vielen Euro-Staaten drohe jetzt eine Radikalisierung des politischen Klimas, warnte Steinbrück.

Eine grundsätzliche Abkehr von der Konsolidierungspolitik forderte Steinbrück allerdings nicht: Es gehe bei der Frage nach Konsolidierung und Wiederaufbau nicht um ein „Entweder oder“, sondern um ein „Sowohl als auch“, sagte der 65-Jährige. Er verwies auf das Vorbild des ehemaligen amerikanischen Finanzministers Robert Rubin: Diesem sei es während der Präsidentschaft Bill Clintons gelungen, Haushaltsüberschüsse zu erwirtschaften und gleichzeitig wirtschaftliche Impulse zu setzen.

Steinbrück sieht Deutschland bei der Bewältigung der Krise auch wirtschaftspolitisch in der Pflicht: „Unsere Leistungsbilanzüberschüsse sind immer die Defizite der anderen Länder.“ Auch wenn Deutschland sein auf eine starke Exportbranche ausgelegtes Wirtschaftssystem nicht beschädigen sollte, dürften die Ungleichgewichte beim Handel nicht so groß werden, dass dadurch der Euroraum gesprengt würde, warnte der ehemalige Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen.

Dass sich das politische Koordinatensystem Europas nach einem möglichen Wahlsieg François Hollandes bei den französischen Präsidentschaftswahlen am Sonntag entscheidend verschieben wird, glaubt Steinbrück nicht. „Auch Hollande wird schnell ein klassischer französischer Präsident werden - so wie François Mitterand Anfang der 80er Jahre.“ Eine Diskontinuität der europäischen Beziehungen sei daher nicht zu erwarten.

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