Personaldebatte in der Union Merkel-Kritik in der CDU wird lauter

JU-Chef Ziemiak fordert eine Liste mit Namen möglicher Minister, Merkel-Kritiker Spahn denkt offen über die Zeit nach der Kanzlerin nach.

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„Nach meiner Erfahrung hat sich immer jemand gefunden, wenn es soweit war.“ Quelle: dpa

Berlin In der Union wächst vor der möglichen Neuauflage der Großen Koalition der Unmut über die Ergebnisse der Verhandlungen und die geplante Kabinettsbesetzung. Vor allem nachrückende Politiker verlangen, ihre Generation stärker zum Zuge kommen zu lassen – auch um eine personelle Perspektive für die Zeit nach Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel zu entwickeln.

Der JU-Vorsitzende Paul Ziemiak mahnte in der „Bild am Sonntag“, es gehe bei der Besetzung des Kabinetts auch um die Zukunft der CDU als Volkspartei. „Ich sehe in dem bislang bekannt gewordenen Tableau keine echte Erneuerung für die CDU“, sagte er.

Im Koalitionsvertrag sind nicht nur Sachfragen verankert, sondern auch bereits Ressort-Zuschnitte sowie die Parteizugehörigkeit, aber nicht die Namen der Minister. Dennoch kursieren Listen mit Personalien.

Auf der CDU-Seite soll Peter Altmaier, Vertrauter Angela Merkels, das Bundeswirtschaftsministerium führen, künftiger Kanzleramtschef soll Helge Braun werden. Hermann Gröhe soll vom Gesundheits- ins Bildungsministerium wechseln. Gesundheitsministerin soll Annette Widmann Mauz werden, Julia Klöckner könnte das Landwirtschaftsministerium übernehmen, Ursula von der Leyen Chefin des Verteidigungsministeriums bleiben.

„Die Kanzlerin sollte den Mut haben, auch kritische Leute zu Ministern zu machen“, forderte Ziemiak. Diese Äußerung kann als eine Anspielung auf Merkels größten Kritiker Jens Spahn verstanden werden, der bei der Besetzung der Regierungsposten nach bisheriger Planung nicht bedacht ist. Klarheit über die Personalfragen müsse bis zum Sonderparteitag bestehen, so Ziemiak. „Es müssen Namen genannt werden. Nur so kann die Partei am 26. Februar guten Gewissens der Koalition zustimmen.“

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) sagte am Sonntag im Deutschlandfunk, wenn es schon in den führenden Rollen eine „Personenidentität“ gebe, brauche man, um nach außen einen Aufbruch darzustellen, neue Leute im Kabinett. Sein Ziel sei es, „dass es eine weitere Verjüngung gibt“. Merkel habe die Chance, bei der Kabinettsbildung „für neue Gesichter zu sorgen“.

Präsidiumsmitglied Spahn befeuerte die Debatte um eine Nachfolge von Merkel als Parteichefin. In einem Interview mit der österreichischen „Die Presse am Sonntag“ sagte er, er sehe seine Partei personell für die Zeit nach Merkel gewappnet. Die CDU habe überall gute Leute.

Konkret nannte der Vertreter des konservativen Parteiflügels den sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer, den thüringischen Parteichef Mike Mohring, die CDU-Vizevorsitzende Julia Klöckner, Paul Ziemiak und Carsten Linnemann. Auf die Frage, ob es Kandidaten gebe, die auch sofort das Ruder übernehmen könnten, antwortete Spahn: „Nach meiner Erfahrung hat sich immer jemand gefunden, wenn es soweit war.“

Spahn kritisierte den Verlust des Finanzministeriums, das künftig von der SPD geführt werden soll, und des Innenministeriums, das bei den Verhandlungen an die CSU gegangen war, als „harten Schlag“. Peter Altmaier bemühte sich, Sorgen in der Union vor einer möglicherweise unsolide werdenden Finanzpolitik nach dem Wechsel des Finanzministeriums an die SPD zu zerstreuen.

„Wir haben im Koalitionsvertrag all die Sicherungen eingebaut, die nötig sind, damit Wolfgang Schäubles Politik fortgesetzt werden kann“, sagte der CDU-Politiker der „Welt am Sonntag“. „Jeder Euro, der ausgegeben wird, jede Entscheidung, die in Brüssel getroffen wird, muss in der Bundesregierung insgesamt beschlossen werden: Die CDU kann daher garantieren, dass unsere Grundsätze auch künftig eingehalten werden.“

Wie schon aus der SPD kam auch aus der CDU Kritik daran, dass bislang kein Ostdeutscher als Minister im Gespräch sei. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff sagte im Bayerischen Rundfunk: „Bayern hat zwölf Millionen Einwohner und stellt drei Minister. Die neuen Bundesländer, die 1990 hinzugekommen sind, sind 15 Millionen Einwohner und haben keinen Ressortminister.“

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