Petry gegen Höcke und Co. Der Machtkampf in der AfD ist unvermeidlich

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Mit Höcke platzt der Plan der AfD, eine Volkspartei zu werden

Schon als die AfD noch eine Partei der Ökonomie-Professoren und Ex-Unionsmitglieder war, versuchten nicht nur professionelle „Antifaschisten“ sondern vor allem die CDU – nach einer kurzen, gescheiterten Phase der betonten Ignoranz – die neue Konkurrenz als rechts vom akzeptablen Spektrum zu präsentieren.

Natürlich gab es von Anfang an neben den Professoren auch höchst zweifelhafte Rechtsaußenvertreter. Doch nun gibt es dank Höcke und Konsorten sehr viel mehr Argumente für den Vorwurf als damals. Allerdings muss man sagen: Jede Stigmatisierung eines politischen Gegners steigert auch die Tendenz zu einer sich selbst verstärkenden  Radikalisierungsspirale. Die Gemäßigten, die einen öffentlichen Ruf und Freundschaften zu verlieren haben, springen ab und die Übriggebliebenen legen - ist der Ruf erst ruiniert - alle Hemmungen ab.

In der AfD gibt es neben den überzeugten Höcke-Anhängern eine gewisse Zahl ehrgeiziger Leute, die aus taktischen Erwägungen Zweckbündnisse mit ihm einzugehen bereit sind. Es mag darunter Leute geben, die vorhaben, ihn später, wenn er seinen taktischen Zweck für ihre Ambitionen erfüllt hat, loszuwerden, um das Projekt der neuen Volkspartei wieder aufzunehmen, bevor es endgültig zerstört ist. Das ist ein Spiel mit dem Feuer.

Es gibt aber vermutlich auch den ein oder anderen, der lieber ein paar Jahre an der Spitze einer gesellschaftlich geschmähten 5-Prozent-Partei Landtagsfraktionschef ist, als auf der Hinterbank einer 20- oder 30-Prozent-Partei im Bundestag zu sitzen – oder ganz in der innerparteilichen Versenkung zu verschwinden.

Gauland hat kaum noch einen Ruf zu verlieren

Frauke Petry hat vor, die AfD zu einer konservativen Volkspartei zu machen. Zu einer, die die von ihr so genannten „Altparteien“ angreift und in der Öffentlichkeit provoziert, aber letztlich doch irgendwann ein akzeptabler Gesprächs- und vielleicht sogar irgendwann Koalitionspartner für andere Parteien sein soll. Und sie will diese Partei alleine führen. Sie wird wissen, dass das mit einem Höcke nicht geht.

Vermutlich weiß das auch Alexander Gauland. Trotzdem nennt er Höcke einen „Freund“ und übt immer wieder den Schulterschluss mit ihm. Vermutlich hat er, der als Ex-CDU-Staatssekretär noch eine persönliche Rechnung mit seinen früheren Parteifreunden offen hat, ohnehin andere Pläne mit der AfD als Petry. Einen Ruf zu verlieren hat der Mann jedenfalls allmählich nicht mehr.

Bei Jörg Meuthen und seinem Machtkampf mit Petry liegen die Dinge anders. Es geht offenbar vor allem ums Persönliche und die Macht an sich. Nach der unwürdigen Stuttgarter Schlammschlacht um den antisemitischen Spinner Wolfgang Gedeon hat Meuthen nun Petry via "Bild"-Interview ein öffentliches Versöhnungsangebot gemacht. Doch es wird vermutlich allenfalls einen Waffenstillstand geben.

Die Sprüche der AfD

Wenn die Kämpfe in der AfD-Führung weiter in gewohnter Manier als persönliches Hauen und Stechen stattfinden, erschweren diese, dass die neue Partei ihr Profil auf schwer zu beackernden Feldern schärft, ohne die sie langfristig keine seriöse Politik wird machen können. Die AfD wird, wenn sie nicht in ihrem eigenen Mief ersticken will, nicht nur mit Grundsatzkritik an der Einwanderungspolitik der etablierten Parteien punkten können, sondern in der Wirtschafts- und vor allem der Sozialpolitik den Test der Seriosität bestehen und eigene Antworten auf die großen ökonomischen Zukunftsfragen finden müssen.

Antworten auf grundlegende Probleme hat man lange nicht gehört von einer Partei, die mal von Ökonomieprofessoren gegründet wurde. Wenn sie durch Höcke und Konsorten ihre ohnehin seit der Abspaltung der „Alfa“-Partei arg geschmälerte ökonomische Kompetenz vergrault, wird sie den Test nicht bestehen und nie koalitionsfähig werden. Denn dann wird sie ihren Wählern nicht das Bedürfnis nach Sicherheit und Stabilität stillen, sondern selbst nur Unruhefaktor sein.

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