Piratenpartei Die fünf Probleme der Piraten

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Vier Posten und ein Vollzeitjob

Katharina Nocun ist die neue Hoffnung der Piraten Quelle: dpa

Viele stehen das auf Dauer nicht durch, entsprechend oft wechselt das Führungspersonal. Auch Schlömer wird den Job nicht ewig machen, es wäre keine Überraschung, wenn er unabhängig vom Ausgang der Bundestagswahl beim Parteitag in Bremen Ende des Jahres nicht wieder kandidiert. Offiziell äußert er sich dazu noch nicht. "Doch es wird auch wieder Zeiten geben, in denen ich mich in einen Biergarten setzen kann", sagt Schlömer vielsagend.

Durch den Einzug in vier Landesparlamente verfügen die Piraten nun zwar über 45 Abgeordnete samt Mitarbeitern, doch da gleichzeitig die Arbeit und die Mitgliederzahlen stiegen, entspannen diese Strukturen die Lage nur bedingt. Wie sehr sich manche Piraten zerteilen, zeigte sich auch nach der Wahl von Katharina Nocun. Der bayerische Pirat Christian Reidel bot an, als Assistent für Nocun Termine zu koordinieren.

Transparenz erschwert die Arbeit

"Und wer managt dann in der Zeit deine fünf anderen Jobs?", schimpften Mitglieder seines Landesverbands. Reidel ist bereits Bundestagskandidat, Bezirksvorsitzender und Wahlkampfkoordinator in Niederbayern und leitet die Rechtsabteilung der Partei in Bayern. Neben seinem Vollzeitjob in einer Anwaltskanzlei versteht sich.

Zudem erschwert der eigene Anspruch an Transparenz und Basisdemokratie die alltägliche Arbeit. Die Piraten versuchen so offen zu agieren, wie keine Partei zuvor: Parteichef Schlömer steht der Basis  einmal jeden Montag in einer Sprechstunde im Netz zur Verfügung und auch in die Vorstandssitzungen kann sich jeder Interessierte online einschalten. Die Fraktionssitzungen werden ebenfalls online übertragen, aufgezeichnet und mitsamt der Protokolle ins Netz gestellt.

So viel Transparenz ist zwar ein Novum im politischen Prinzip, doch damit wird auch jeder interne Streit sofort öffentlich. Die Dauerdiskussionen auf Twitter verstärken diesen Prozess noch einmal und führen dazu, dass Shitstorms und die Selbstbespiegelung die Wahrnehmung der Partei prägen.

Ungeklärte politische Positionierung der Piraten

Neben dieser kommunikativen Überdehnung hat auch die Erweiterung des politischen Programms zu vielen Spannungen und Problemen geführt. So wie die AfD derzeit monothematisch mit ihrer Eurokritik punkten kann, haben die Piraten ihre Anfangserfolge der Netzpolitik zu verdanken. Dabei wollte sie sich lange nicht im politischen Spektrum verorten lassen und propagierte: "Nicht links, nicht rechts, sondern vorn". Auch Nocun will sich politisch nicht festnageln lassen: "Das Rechts-Links-Spektrum ist wenig aussagekräftig".

Doch während Ein-Themen-Parteien anfangs davon profitieren, für etwas Spezielles zu stehen und sich so von der in vielen Feldern immer ähnlicher werdenden Politik der etablierten Parteien abzugrenzen, können sie auf Dauer eine thematische Vielfalt kaum vermeiden. Gerade im Landtagswahlkampf sind andere Themen gefragt, AfD-Chef Lucke war deshalb gar nicht böse, dass seine Truppe in Bayern nicht antritt und so um Fragen nach Agrarsubventionen oder der Finanzierung von Umgehungsstraßen herum kommt.

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