Dabei wäre die mangelhafte Buchhaltung allein noch verschmerzbar, auch wenn sie die Nerven der chronisch überlasteten Aktivisten frisst. Doch die Partei ist nicht nur schlecht im Verwalten, sondern auch im Einnehmen. „Wegen der Umstellung der Software hatten wir keine Möglichkeit, die Mitgliedsbeiträge zu verbuchen“, sagt der bayrische Landesvorsitzende Stefan Körner. Er hat daher im Frühjahr die Mitglieder angeschrieben und gebeten, ihre Beiträge nicht zu überweisen.
Für die Partei und ihre ehrgeizigen Ziele ist das fatal. „Mitgliedsbeiträge sind immer noch unsere wichtigste Einnahmequelle“, sagt der stellvertretende Bundesvorsitzende Sebastian Nerz. Für den Wahlkampf wünscht er sich deshalb eine „höhere Bezahlquote“. Nerz koordiniert das bundesweite Wahlkampfteam, das dafür sorgen soll, dass 2013 der Bundestag gekapert wird. Die Piraten werden auf Werbeagenturen verzichten müssen und stattdessen die kostenlose Kreativität ihrer Mitglieder im Netz anzapfen: „Es wird wieder Twitter-Aufrufe geben, um die besten Slogans zu finden“, kündigt Nerz an.
Schlechte Zahlungsmoral
Es bleibt ihm auch nichts anderes übrig angesichts der eklatanten Zahlungsmoral. In Sachsen überweisen zum Beispiel nur 36 Prozent der Piraten ihren Mitgliedsbeitrag, auch in Brandenburg oder Bayern zahlt die Mehrheit nicht (Grafik). Doch Mahnungen lehnen viele Landesverbände prinzipiell ab, allenfalls Zahlungserinnerungen sind vielerorts opportun.
Das Geld fehlt dafür gleich doppelt in der Parteikasse. Insgesamt mehr als 1,5 Millionen Euro stünden den Piraten aus der Parteienfinanzierung zu. Doch überwiesen wurde nur ein Drittel. Denn die Auszahlung ist gesetzlich gedeckelt: Der Zuschuss darf nicht höher sein als die eigenen Einnahmen der Partei. Und die betrugen 2010 nur 610 000 Euro.
Die Piraten fühlen sich von der Regel benachteiligt, zumal das Gesetz erst vor gut einem Jahr geändert wurde. Deswegen klagt die Partei derzeit vor dem Bundesverfassungsgericht, der nordrhein-westfälische Landtagsabgeordnete Nico Kern hat die Klageschrift formuliert. Kern blättert in einem grünen Schnellhefter durch die Seiten. „Hier steht es“, sagt der Jurist: Die Änderung führe im Jahr 2012 noch einmal zu einer Kürzung der Ansprüche um 5,4 Prozent. Vor allem aber, kritisiert er, werde der Anteil, der den Piraten entgeht, durch die Neuregelung unter der Konkurrenz aufgeteilt. „Eigentlich müsste der ungenutzte Teil an den Steuerzahler zurückfließen“, findet Kern, „doch die etablierten Parteien wollen es sich durch einen gesetzgeberischen Trick einverleiben.“
"Landes-Schatzis" sollen lernen
Der Ärger auf andere kaschiert jedoch, dass die Piraten den Großteil ihrer Finanzprobleme allein regeln müssen. Wie es geht, zeigen die Hessen. Dort konnte Schatzmeister Krauß 92 Prozent der Mitglieder zum Zahlen bewegen – Parteirekord. Er pflegt eine intensive Betreuung per E-Mail und Post, die nun als Vorbild dienen soll: Bei einem Treffen der „Landes-Schatzis“, so der Partei-Jargon, hat Krauß seine Eintreibemethode vorgestellt. Erstaunt stellte er fest, dass viele Verbände noch nicht einmal Lastschriftverfahren anbieten. „Ich hoffe und erwarte, dass möglichst viele Gliederungen dieses oder ein gleichwertiges Verfahren übernehmen, um eine ähnliche Zahlungsquote zu erreichen“, fordert Bundes-Kollegin Goetze.
Kreativ Geld verdienen wird die resolute Hamburgerin bald auch selbst: Sie eröffnet einen Online-Shop mit Fan-Artikeln.