PKV und GKV SPD empört über Prämienerhöhung der privaten Kassen

Bis zu 130 Euro im Monat: Die zweitgrößte private Krankenversicherung DKV erhöht ihre Tarife massiv. Die einen sehen sehen darin das Zwei-Säulen-Modell in der Gesundheitsversicherung wanken, die anderen gestärkt.

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Die DKV erhöht ihre Tarife zum 1. April. Quelle: dpa

Berlin Die zum Teil massiven Prämienerhöhungen bei privaten Krankenversicherungen (PKV) haben in Teilen der Politik Empörung ausgelöst. Die SPD sieht sich dadurch sogar in ihrer Forderung bestätigt, die private Krankenversicherung auf längere Sicht abzuschaffen zugunsten einer Bürgerversicherung. „Diese Preiserhöhungen zeigen, dass das Geschäftsmodell der PKV in Zukunft nicht tragfähig ist“, sagte Hilde Mattheis, gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, dem Handelsblatt.

Die zweitgrößte deutsche private Krankenversicherung DKV will laut einem Zeitungsbericht ihre Beiträge zum April um durchschnittlich 7,8 Prozent erhöhen – das ist eine Tariferhöhung pro Monat um bis zu 130 Euro. Betroffen seien 59,2 Prozent der etwa 880.000 Vollversicherten, sagte eine DKV-Sprecherin dem „Tagesspiegel“. Aus Rückstellungen würden 439 Millionen Euro eingesetzt, um einen noch heftigeren Beitragssprung zu vermeiden.

Nach Mattheis' Ansicht holen sich die Unternehmen nun bei ihren Kunden über Prämiensteigerungen einen Ausgleich für die schrumpfenden Renditen bei ihren Kapitalanlagen. „Die anhaltende Niedrigzinsphase schmälert die Gewinnerwartungen, und dieses Geld holen sich die Versicherungen nun von ihren Kunden wieder“, so Mattheis. Das sei bitter für die Versicherten, die nun noch tiefer in die Tasche greifen müssten.

Die SPD habe diese Entwicklung schon lange vorausgesehen. „Daher schlagen wir bereits seit 2005 die Einführung einer Bürgerversicherung vor“, sagte Mattheis. Dieses Modell würde das Nebeneinander von gesetzlicher (GKV) und privater (PKV) Krankenversicherung aufheben. „Die jetzt erschienenen Zahlen bringen hoffentlich auch einige in der Union zum Nachdenken, die dieses Projekt bisher ablehnten“, so Mattheis.

Überlegungen, privat Versicherten, die wegen der Prämienerhöhungen ihre Beiträge kaum noch zahlen können, dadurch zu helfen, dass ihnen etwas innerhalb einer Frist von einem halbem Jahr das Recht gegeben wird, zu einer gesetzlichen Kasse zu wechseln, lehnt die SPD ab.

„Eine befristete Öffnung erscheint mir nicht praktikabel“, sagte dazu Mattheis. „Solidarität ist keine Einbahnstraße.“ Die Solidaritätsgemeinschaft der gesetzlichen Kassen nun zu belasten, weil die Privaten ihre Renditeerwartung nicht erfüllten, sei unzumutbar. Nötig sei vielmehr eine „tragfähige und ganzheitliche Lösung nach dem Prinzip: Alle zahlen ein und alle Leistungsarten werden belastet. Damit würden die jetzt auftretenden Probleme gelöst werden“, sagt die SPD-Frau.


Versicherte sollen Alternativen prüfen

Dagegen zeigte die Union Verständnis für die Beitragssteigerungen. „Das Zwei-Säulen-System aus gesetzlicher und privater Krankenversicherung ist mir lieber als die Fata Morgana einer Bürgerversicherung“, sagte der Patientenbeauftrage der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann (CDU), dem Handelsblatt.

„Dass der Leistungsumfang der privaten Krankenversicherungen nicht für alle gleich und nicht nach festen Regeln bestimmt wird, ist eines ihrer Unterscheidungskriterien zur gesetzlichen Krankenversicherung. Das heißt auch: Leistungsausweitungen führen oftmals zu höheren Tarifen“, sagte Laumann.

Das müsse sich nun einmal jeder klar machen, der sich für eine private Krankenversicherung entscheide. „Wer zu einer privaten Krankenversicherung wechseln will, sollte sich daher intensiv mit der jeweiligen Kasse, den Tarifkalkulationen und den Alterungsrückstellungen beschäftigen“, rät Laumann. „Davon hängt nicht zuletzt auch die Beitragshöhe in späteren Jahren ab.“

Auf der anderen Seite seien die Versicherten Prämienerhöhungen ja nicht hilflos ausgeliefert. So sei gesetzlich sichergestellt, dass jeder privat Versicherte, der von einer Steigerung der Beiträge betroffen ist, prüfen könne, ob es für ihn Alternativen gebe.

„Denn jeder Versicherte hat das Recht, in einen günstigeren gleichartigen Tarif seiner Krankenversicherung zu wechseln“, so der Patientenbeauftragte der Bundesregierung. Dabei gebe es oft erhebliche Unterschiede in den Beiträgen. „Ich kann deshalb allen nur raten: Reden Sie mit ihrer Versicherung oder der Unabhängigen Patientenberatung Deutschlands, die sie kostenfrei beraten kann.“

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