Plädoyer für die Cannabis-Freigabe Haschisch für alle

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Kiffer verlieren schnell den Führerschein

Auch der Führerschein kann wegen Cannabiskonsums schneller weg sein, als viele denken. Dies gilt kurioserweise auch dann, wenn man als Beifahrer gekifft hat.

Im sonst so aufgeschlossenen Berlin ist es noch chaotischer. Der Senat führte im April drogenfreie Zonen in der Nähe von Kitas und Schulen ein, in denen der Besitz schon geringster Hanfmengen bestraft wird. „Der Vorstoß ist eindeutig verfassungswidrig“, sagt Müller. „Der 18-jährige Junge, der gerade vor dem Abitur steht und durch die Gegend feiert, weiß doch gar nicht, wo er sich genau befindet.“ Er werde dann in einer Zone für zwei Gramm bestraft. „Das ist lächerlich, Politikaktionismus und dumm.“

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In Mexiko ist Cannabis jetzt legal erhältlich. Quelle: dpa
StimmungsumschwungUS-Präsident Barack Obama hatte im Januar mit der Bemerkung für Aufsehen gesorgt, er halte Kiffen nicht für gefährlicher als das Trinken von Alkohol. Zugleich bezeichnete Obama, der in seiner Jugend selbst zum Joint griff, das Rauchen von Marihuana in einem Interview mit der Zeitschrift "The New Yorker" aber als "schlechte Idee" und "Laster". Laut einer Umfrage des Nachrichtensenders CNN von Anfang des Jahres spricht sich mittlerweile eine Mehrheit von 54 Prozent der US-Bürger für die Legalisierung von Marihuana aus. Quelle: AP
MedizinIn 18 US-Bundesstaaten darf das Rauschmittel für medizinische Zwecke verwendet werden. Die medizinischen Bedingungen sind allerdings unterschiedlich streng. Während viele Staaten Marihuana nur bei Krebs und anderen schweren Erkrankungen erlauben, kann es in Kalifornien schon für Rückenschmerzen verschrieben werden. Quelle: AP
Was Banken dürfenIm Februar 2014 steckte die Regierung in Washington einen engen Rahmen ab, in dem die Finanzinstitute Dienstleistungen für die Cannabis-Branche erbringen können. Die Banken müssen demnach genau darauf achten, dass ihre Kunden über die nötigen Lizenzen verfügen und sich an die gesetzlichen Auflagen halten.  Dazu gehört unter anderem das Verbot, Marihuana an Minderjährige zu verkaufen oder mit Drogenkartellen zusammenzuarbeiten. Außerdem müssen die Banken den Behörden über ihre Marihuana-Geschäfte regelmäßig Bericht erstatten und „verdächtige Aktivitäten“ melden. Quelle: dpa
CoffeeshopsBisher konnten ihre Geschäfte nur in bar abwickeln. Die neuen Regeln würden „größere finanzielle Transparenz in der Marihuana-Industrie fördern“ und „die Gefahren reiner Bargeschäfte abschwächen“, begründete die Direktorin der Strafverfolgungsbehörde des Finanzministeriums, Jennifer Shasky Calvery, die neuen Richtlinien. Quelle: AP
GeldquellePer Volksentscheid legte Colorado die Steuern auf Cannabis fest: Im Großhandel beträgt die Abgabe 15 Prozent, im Einzelhandel zehn Prozent. Außerdem müssen Konsumenten die übliche Mehrwertsteuer von 2,9 Prozent entrichten. Allein im Januar flossen so 2,9 Millionen Dollar an Steuern und knapp 600.000 Dollar an Gebühren in die Staatskasse. "Der erste Monat des Marihuana-Verkaufs hat den Erwartungen entsprochen", sagte die Leiterin der Steuerbehörde von Colorado, Barbara Brohl. Quelle: dpa
Börsengang in KanadaTweed Marijuana Inc. ist der erste börsengehandelte Marihuana-Hersteller Kanadas. Die Aktie hat beim Börsendebüt Anfang April im Vergleich zum Preis der am 7. März erfolgten Privatplatzierung deutlich zugelegt. Zum Börsenschluss in Toronto kostete sie am vergangenen Freitag 2,59 Kanada-Dollar. Bei der Privatplatzierung betrug der Preis 89 Cent. Damit lag das Plus bei 191 Prozent. Quelle: Screenshot

6. Drogenprävention spart Geld

Kerstin Jüngling ist Chefin der Berliner Fachstelle für Suchtprävention und spricht viel über die Gefahren von Cannabis. Und sie würde es an Schulen gerne häufiger tun. „Doch viele Schulleiter und Lehrer fürchten eine Rufschädigung“, sagt sie. „Sie haben Angst, dass die Eltern ihre Kinder woanders anmelden könnten, sobald sie das Kiffen zum Thema im Unterricht oder in Präventionskursen machen.“

Cannabisprävention wird ignoriert und tabuisiert – eine Folge der Prohibition. „Darüber zu sprechen sollte so normal sein wie die Verkehrserziehung im Kindergarten“, sagt Jüngling. „Sobald wir mit Jugendlichen über ein Problem offen reden, nehmen sie es ernsthaft wahr und verändern ihr Verhalten.“ Ihr Credo: Konsumenten müssen „Rauschkompetenz“ erlernen.

Das sehen auch Volkswirte so. Mit den Steuereinnahmen „ließen sich viele Anti-Drogen-Kampagnen finanzieren“, sagt Ökonom Haucap. „Aufklärung ist effektiver als sinnlose Repression.“

Eine Freigabe führt zudem nicht zwangsläufig zu höherem Konsum. Das zeigt das Beispiel Holland: Der Staat erlaubt den Joint in Coffeeshops seit Jahren. Doch die Zahl der Kiffer ist kaum höher als anderswo. 16 Prozent der 15- bis 34-Jährigen haben dort 2014 Cannabis konsumiert. In Deutschland lag die Quote bei 15 Prozent. In Ländern mit strengen Anti-Cannabis-Gesetzen wie Polen, Großbritannien und Frankreich erreichte sie sogar mehr als 20 Prozent.

Verbote allein halten junge Erwachsene nicht davon ab, Cannabis zu konsumieren. Im Gegenteil: „Sobald etwas legal ist, verschwindet sogar der Reiz des Illegalen“, sagt Psychologe Schaub.

7. Auch Kiffer sind mündige Bürger

Bier, Wein und Schnaps verbieten – warum eigentlich nicht? „Alkohol ist deutlich gefährlicher, denn Alkohol macht schneller abhängig“, sagt der Schweizer Suchtforscher Schaub. „Wer harten Alkohol trinkt und davon zu viel, kann im Extremfall sogar an toxischer Vergiftung sterben.“ Das sei bei Cannabis „nicht möglich“.

Kein vernünftiger Mensch käme jedoch auf die Idee, Alkohol und das Milliardengeschäft drumherum zu verbieten – oder womöglich sogar die zu bestrafen, die sich einen Rausch antrinken. „Solange andere Suchtmittel wie Alkohol frei verkäuflich sind, erscheint es nur logisch, dass auch Cannabis freigegeben wird“, sagt die Hamburger Ökonomin und Expertin für Familienpolitik, Miriam Beblo. „Der Konsum könnte auf andere Art reguliert werden.“

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