Politik im Wandel Der neue Konservatismus und seine Folgen

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Alles soll so bleiben, wie es ist

Weil die FDP also weder einen liberalen Konservatismus noch einen authentischen Sozialliberalismus vertritt, wirkt sie nutzlos.

Die konservative Wende in Deutschland hat aber auch enorme Auswirkungen auf die Sozialdemokraten. Denn die SPD vertritt nicht authentisch jenen Status-quo-Konservatismus, da sie eine Partei der „Vorwärts-Bewegung“ ist. Sie ist eine Reformpartei, eine Partei des gesellschaftlichen Wandels. Und wenn Veränderung und sozialer Gerechtigkeitsfortschritt nicht gewollt werden, dann hat die SPD ein Problem.

Sie regiert nur dann mit Kanzler und ohne Union, wenn es eine Stimmung in Deutschland gibt, die Veränderungsbedarf sieht und die SPD in die Regierung trägt. Nur Reformwille von unten bringt Sozialdemokraten zum Regieren. Die Deutschen haben diesen Willen offensichtlich momentan nicht. Sie scheinen Sorge davor zu haben, dass Veränderungen schlecht für sie sein können. Sie wollen, dass alles so bleibt, wie es ist.

Wer in Berlin Politik macht

Der Grund des Dilemmas von Freidemokraten wie Sozialdemokraten ist der Gleiche. Es ist die konservative Wende in Deutschland. Frei- wie Sozialdemokraten sind beide optimistisch gegenüber der Zukunft. Beide glauben daran, dass Veränderungen positiv sein können, auch wenn die politischen Veränderungen, die sie erzeugen wollen, sich oft sehr unterscheiden.

Wenn sie einen gemeinsamen Kern haben, dann bei dem Einstehen für eine soziale Marktwirtschaft und der mit ihr verbundenen Idee der fairen Chance auf ein gutes Leben. Sozialliberale könnten dies im Verbund mit der SPD so interpretieren, dass Chancengleichheit vom Staat gefördert werden müsse, etwa durch mehr Bildungsinvestitionen oder eine Kultur der zweiten und dritten Chance in der Arbeitsmarktpolitik.

Eine Politik, die eben nicht nur auf Fordern, sondern vor allem auch auf intensives Fördern setzt. Auch wenn sich Sozialdemokraten und soziale Freidemokraten in einigen Punkten voneinander unterscheiden, so haben sie doch Wesentliches gemeinsam: Faire Aufstiegsmobilität, Arbeit, die sich auch lohnt, Befähigung der Menschen.

Zudem sind SPD und FDP eher progressiv. Und solche Akteure braucht es, um die Veränderungen zu meistern, die durch demografischen Wandel und Digitalisierung entstehen. Gesellschaftlichen Veränderungen kann man nicht aus dem Weg gehen. Und wenn man es versucht – wie es die konservative Wende andeutet – dann ist das gefährlich für Wohlstand und soziale Gerechtigkeit in Deutschland.

Auf gesellschaftlichen Wandel muss man auch reagieren - und zwar mit politischem Wandel. Politik kann immer noch Dinge zum Besseren wenden. Wenn man es nur will.

Diese progressive Politik könnten auch Sozialdemokraten und Freidemokraten zusammen machen. Dazu müssen sie nicht den gleichen theoretischen Ausgangspunkt und gleichen Weg haben. Sondern sie müssen sich letztendlich nur inhaltlich einigen können, um zusammen zu regieren.

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